Es gibt keine Antwort auf „Warum?“
Ihr habt sicher schon vermutet, dass sich Joys Geschichte dem Ende neigt. Doch irgendwann ist alles einmal zu Ende. Manchmal denkt man es wäre zu früh gewesen sich zu verabschieden und dann sucht man verzweifelt nach dem „Warum?“ Manchmal erhält man keine Erklärung und ein anders Mal ist man mit der Antwort nicht zufrieden oder einverstanden. Doch das Leben hat mich gelehrt, dass es besser ist nicht immer nach dem „Warum“ zu fragen, sondern daran zu glauben, dass alles am Ende einen Sinn ergibt.
Ich befand mich aber noch nicht in der „Warum-Phase“, sondern in der „Wo-bist-du-Phase“ und ich zermarterte mir den Kopf wie ich das herausfinden konnte. Es müsste doch irgendwo einen hellsichtigen Menschen geben, der mir den Aufenthaltsort genau auf den Punkt beschreiben können müsste. Doch diesen Gedanken verwarf ich rasch wieder. Zu viele Scharlatane tummeln sich in diesem Metier, die nur darauf aus sind die Trauer und Ängste der Menschen dazu zu benutzen um sich an ihnen zu bereichern, dachte ich.
Zwei Sonntage nach Joys Verschwinden traf ich mich mit einer Freundin in einem Kaffee. Ich erzählte ihr von meinem Kummer und dass mich die Sorge um Joy keine Ruhe finden ließe. Weil sie selbst einen Hund hatte und sich mit alternativen Heilmethoden sehr gut auskannte, gab sie mir eine Empfehlung und versetzte mich damit in Erstaunen. Konnte sie meine Gedanken lesen? Zu Hause googelte ich sofort diese Adresse. Ich hatte vorher noch nie etwas von Bioresonanz und Tierkommunikation gehört. Aufmerksam studierte ich die Hompage von Frau Echtler. Ihr Angebot den Tieren und deren Haltern zu helfen, stützte sich auf fundiertes Fachwissen und Erfahrung. Sofort schrieb ich eine E-Mail und schilderte mein Anliegen. Tags darauf erhielt ich eine Antwort und das Hilfsangebot. Dazu muss ich allerdings erwähnen, dass nicht jeder der Tierkommunikation praktiziert gleichzeitig anbietet nach vermissten Tieren zu suchen. Das Thema ist sehr heikel und bedarf sehr viel Fingerspitzengefühl. Doch nachdem ich mit Frau Echtler telefoniert hatte und ich ihr beteuerte, dass ich mit einer schrecklichen Wahrheit besser leben konnte als mit der ständigen Ungewissheit, übernahm sie meinen Fall. Ich schickte ihr ein Foto von Joy, das sie zur Kontaktaufnahme brauchte. Sie konnte mir nicht zu 100% versichern, dass es ihr gelingen würde, denn manche Tiere wären nicht gesprächsbereit, doch sie wollte es versuchen.
Drei Tage später läutete mein Smartphone. Auf dem Display erschien die Nummer von Frau Echtler. Bevor ich das Gespräch entgegennahm setzte ich mich auf mein Sofa. Ich war bereit. Eine gute Nachricht erwartete ich nicht. Was wäre schon eine gute Nachricht bei einem vermissten Tier gewesen? Da gibt es nicht viele Möglichkeiten. Entweder es wurde geraubt, dann kann es ihr bestenfalls gut gehen. Oder sie ist irgendwo in einem dunklen Keller eingesperrt. Hat Hunger und Durst, kann aber keine Informationen schicken wo es ist? Ist es dann der schlimmste Fall, wenn das Tier ums Leben gekommen ist und ihm dadurch unter Umständen sehr viel Leid erspart wurde? Deshalb sah ich es so, dass die Todesnachricht nicht unbedingt die schlimmste sein musste. An Frau Echtlers Stimme konnte ich sofort vernehmen, dass sie mir etwas Trauriges mitteilen musste. „Ich habe leider keine gute Nachricht für Sie.“ begann sie zu sprechen.
Den genauen Wortlaut kann ich hier nicht mehr wiedergeben. Doch die Emotionen die die Bilder und die Antworten, die Joy an Frau Echtler gesendet hatte, bei mir auslösten bestätigte mir die Glaubhaftigkeit der Überbringerin. Joy war verunglückt. Wie es genau passierte, darüber wollte meine Kätzin nicht sprechen. Doch als mir Frau Echtler die Bilder des Baumes, des Zaunes und des Wassergrabens vor meiner Terrasse schilderte wusste ich, dass es stimmte. In meinem Hals bildete sich ein Kloß. An meinen Armen spürte ich ein Kribbeln und ich bekam Gänsehaut. Ein kalter Schauer überzog mich als die Tierkommunikatorin weiter berichtete. Joy hatte sich an etwas furchtbar erschrocken, dann war es nur noch schwarz um sie. Es musste sehr schnell gegangen sein. Sie sagte, dass Tiere immer wissen würden, wann ihre Zeit gekommen war. Meine Augen benetzten sich, als sie mir die letzte Botschaft von Joy überbrachte. In diesem Bild drehte sich Joy noch einmal um und sendete mir unbeschreiblich viel Liebe. Ein schöneres Zeichen für mich, dass sie es gut bei mir gehabt hatte, konnte ich nicht erhalten. Ich war furchtbar traurig, aber beruhigt und selig zugleich.

Charly bewältigte seine Trauer indem er wartete. Da Tiere die Fähigkeit der Telepathie nicht verlernt haben, so wie wir Menschen, und immer noch beherrschen, konnte ich mir inzwischen gut vorstellen, dass er immer noch mit Joy in Verbindung stand. Ich besaß die Gabe nicht und musste damit anders umgehen. So beschloss ich ein Porträt von Joy zu malen, das mich von den Gedanken an sie ablenkte.

Als ich damit fertig war gab ich es bei einem Unternehmen in Auftrag auf eine Schieferplatte mit Laser eingravieren zu lassen. Die Gedenkplatte positionierte ich auf der Terrasse unter dem Lieblingsbusch von Joy. Das war ihr Vogelbeobachtungsplatz gewesen. Es ist schwer sich zu verabschieden, wenn man nie einen leblosen Körper gefunden hat, aber schließlich gelang es mir immer besser.

Aus Frau Echtlers Website konnte ich auch erfahren, dass Tierkommunikation für jeden erlernbar wäre. Ich zweifelte, aber was ich erfahren und gespürt hatte, lies mich nicht mehr los. Leider war mir der Weg zu Frau Echtler zu weit. Ich hätte mit dem Zug fahren müssen und ich wollte Charly noch nicht so lange alleine lassen. Da fiel mir unsere Heilpraktikerschule in Augsburg ein. Tatsächlich wurden Tierkommunikationsseminare angeboten und ich meldete mich an. Am 02. August war es dann endlich soweit. Ich war schon sehr gespannt was mich erwartete. Doch was ich erlebte übertraf meine Vorstellungskraft. Drei Tage zwischen Himmel und Erde. Dagmar Westphal führte mich durch ein energiegeladenes, gruppendynamisches, spannendes, interessantes und für meine eigene spirituelle Weiterentwicklung wertvolles Seminar. Am letzten Seminartag verließen mich dann meine Kräfte und ich konnte leider keine Verbindung zu einem verstorbenen Tier mehr herstellen. Doch eine andere Frau aus der Gruppe, die sich für mich um einen Kontakt zu Joy bemühte, erhielt wieder eine wichtige Botschaft für mich. Aber sie lies mir auch ausrichten, dass sie noch nicht über den genauen Hergang ihres Unfalls berichten möchte. Da Seelen den allerhöchsten Respekt verdienen, werde ich auch nicht weiter nachfragen. Ich weis jetzt aber, dass es ihr sehr gut geht und dass sie im Regenbogenland nicht alleine ist.

Ich habe nun ein Zertifikat, dass ich an dem Seminar Tierkommunikation teilgenommen habe. Ich weiß jetzt wie es geht, aber ganz ehrlich um es wirklich zu können muss ich zuerst einmal an meinen eigenen Blockaden arbeiten und sehr viel üben. Alte und falsche Glaubenssätze sind imstande zu verhindern an sich selbst und die Kraft die in Jedem von uns steckt zu glauben. Obwohl ich es selber erlebt habe, kommen immer wieder Zweifel ob ich es tatsächlich beherrschen kann. Dabei würde ich so gerne mit dem Wissen, das ich mir erworben habe mit Charly kommunizieren. Ihn zu fragen ob er Bauchschmerzen hat, ob ihm sein Futter schmeckt oder ob ich sonst irgendetwas Gutes für ihn tun kann, wäre so wunderbar. Im Gegenzug könnte ich ihm erklären warum ich ihn in eine Transporttasche stecke und zum Mann im weißen Kittel bringe. Ich habe es schon mit ihm ausprobiert, aber bis jetzt klappt es noch nicht mit unserer telepathischen Kommunikation. Er maunzt mich lieber an. Aufgeben werde ich aber nicht so schnell. Vielleicht findet sich auch das eine oder andere lebende Übungstier. Damit das, was ich da erfühle oder an Botschaften erhalte auch vom Tierhalter überprüft werden kann und ausschließt, dass mein eigenes Ego mitgeredet hat. Die Fähigkeit steckt tatsächlich in jedem von uns man muss sie nur wecken und üben.
