Den eigenen Willen lassen
So wie Hundebesitzer*innen ihre ganze Kraft und Ausdauer in eine gute Erziehung ihres vierbeinigen Begleiters stecken, sind Katzenhalter*innen damit beschäftigt, herauszufinden wie sie das Leben ihres Stubentigers so angenehm wie möglich gestalten können. Wenn man es richtig anstellt, wird der anhängliche Hund einmal das tun, was sein Mensch von ihm verlangt. Eigenständige Katzen hingegen verstehen es ausgezeichnet den Spieß umzudrehen.
Der Grund dafür ist, dass Hunde ihren Menschen anderes brauchen als Katzen. In einer Stresssituation wird ein Hund immer Schutz bei seinem Halter suchen. Katzen hingegen werden erst einmal versuchen das Problem selbst zu lösen. Eine Katze, die den Freigang geniest und schon deshalb auf sich selbst gestellt ist, muss sich auch alleine zurechtfinden können. Natürlich gibt es auch, vor allem in südlichen Ländern, die sogenannten Straßenköter, die auch gelernt haben sich selbst durchzuschlagen. Doch man wird sie als Rudeltiere kaum alleine antreffen, denn sie brauchen die Gemeinschaft. Katzen sind ebenso soziale Tiere, doch ihre Maus jagen sie dann doch lieber alleine.

„Sitz“, „Platz“, „Bleib“, „Aus“ – das habe ich noch nie meinem Kater befohlen. Wenn ich zu ihm spreche, dann klingt das eher so: „Was möchtest du denn? Was hast du denn jetzt schon wieder? Schmeckt es dir heute nicht?“ Nicht, dass ich eine Antwort erwarten würde, aber irgendwie versteht er es dann doch, mir sein Problem verständlich zu machen und mich zu einer Lösung zu veranlassen. Es hat schon einige Zeit gedauert, bis ich kapiert habe, was seine Wünsche sind, aber inzwischen nach 4,5 Jahren, klappt es schon ganz gut. Für meinen damaligen Hund wäre ich jedenfalls nicht morgens um fünf aufgestanden, um ihm seinen Futternapf zu füllen. Er hatte brav gewartet, bis sich meine müden Glieder aus den Federn erhoben hatten um dann noch einmal zu warten, bis ich gewaschen und angezogen war, um mit ihm seine Morgenrunde zu drehen. Wenn er dann vorbildlich sein Geschäft erledigt hatte, bekam er sein Futter. Anders bei meinem Kater Charly. Er frisst, schläft und erledigt sein Geschäft, wenn er es für richtig erachtet.
Aufmerksamkeit schenken
Charly hat mehrere Methoden entwickelt um mir mitzuteilen, was er gerne hätte. Manchmal reicht es schon, wenn er mich lange genug hypnotisiert, dass ich auf ihn aufmerksam werde und mich vom Sofa erhebe. Das gelingt ihm auch über den Spiegel im Flur. Wenn ich mich dann erhebe, eilt er mir voraus in die Küche. Erreichen mich seine Blickkontakte nicht, dann wird verbal kommuniziert. Sein „Miau“ zeigt sich in unterschiedlichen Tonlagen. Umso jämmerlicher es klingt, umso dringlicher ist sein Anliegen und mein Mutterherz ist einfach nicht in der Lage es zu überhören. Ich weiß nicht wie er es schafft, dass ich nicht sauer auf ihn werde, wenn er mich morgens um fünf weckt. Das dürfte sonst niemand mit mir machen.
Für die Aufforderung: „Spiel mit mir“, hat er eine andere Taktik entwickelt. Neben der Couch steht ein Körbchen mit Spielsachen. Reagiere ich nicht sofort, wenn er sich daneben setzt und mich anstarrt, schabbelt er solange mit den Vorderpfoten an der Glastüre am Schrank. Als Wohnungskater hat er wenig Bewegung und es ist ganz wichtig, dass er seiner Katzenangel hinterherjagen kann. Wenn ich es vergesse, und das ist meistens der Fall, erinnert er mich mit dem nervenden Geräusch daran.

Sauberkeit
Es meldet mir auch immer sofort, wenn er sein großes Geschäft auf dem Katzenklo erledigt hat, denn seine Nase ist sehr empfindlich. Eine Katze riecht 30 mal besser als ein Mensch. Also, bevor ich es rieche, gibt er schon mal Bescheid, dass es stinkt. Sauberkeit ist für ihn das A und O. Einmal in der Woche wird seine Toilette gründlich gesäubert und mit neuem Streu befüllt. In der Regel reicht das aus, deshalb kommt es auch sehr selten vor, dass er sich in meiner Badewanne erleichtert. Schließlich hat die Wanne die gleiche Farbe und Form wie sein Klo, nur etwas größer. Er tut es auch, wenn ihm etwas ganz besonders missfallen hat. Deshalb bemühe ich mich stehts damit es keinen Anlass dafür gibt. Dass ich das nicht leiden kann, weiss er natürlich ganz genau. Deshalb hat er sich etwas neues einfallen lassen um ein frisches Klo zu bekommen. Er geht an den Platz hinter den Vorhang, wo der Sack mit Streu steht und jammert. Es hat schon ein bisschen gedauert, bis es mir wie Schuppen vor den Augen fiel, was das zu bedeuten hat. Wenn ich dann seiner Aufforderung nachgekommen bin, wird die gereinigte Toilette sofort benutzt.

Gutes Futter und Rückzugsmöglichkeiten
Ich weiß, Sir Charly wird von mir verwöhnt und ich brauch mich auch nicht zu wundern, dass er das voll und ganz auskostet. Aber er ist auch ein Sensibelchen, das eben besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Es hat lange gedauert, bis wir uns mit dem richtigen Futter einig geworden sind, und das er auch gut verträgt. Ihm muss das Essen nicht nur gut schmecken, sondern auch angenehm für ihn riechen. Manchmal flüchtet er vor Geräuschen, die für meine Ohren unhörbar sind, ins Bad auf die Waschmaschine. Auch wenn ich noch so genau hinhöre, erkenne ich die Furchtquelle nicht. Das Ohr einer Katze nimmt Schallwellen bis zu 65.000 Hz wahr, wobei wir Menschen nur bis zu 20.000 Hz hören können. Katzen leben deshalb in einer völlig anderen Geräuschwelt. Auf der Maschine, die im Mittelpunkt der Wohnung steht, fühlt er sich sicher. Inzwischen habe ich ihm ein Bettchen darauf platziert, wo er sich im Notfall zurückziehen und einkuscheln kann. Oft schläft er dort sogar stundenlang, oder träumt mit offenen Augen.

Genügend Liegeplätze und Streicheleinheiten
Für jede Jahreszeit oder jeden Anlass hat Charly einen besonderen Liegeplatz. Auf seinem Kratzbaum liegt er am liebsten. Da kann er alles gut überblicken und wenn ich am Esstisch sitze und schreibe, kann er mir über die Schulter schauen. Im Frühling, wenn die ersten Sonnenstrahlen morgens ins Schlafzimmer blitzen, versteckt er sich gerne in seinem geschlossenen Körbchen und blinzelt durch die Ritzen. Im Winter streckt er sich auf der Marmorplatte über der Heizung aus und hängt seine Nase über die warme Luft, oder er kuschelt sich in seine Katzenhöhle neben der Heizung. Beim Fernsehen leistet er mir Gesellschaft auf dem Sofa, oder auf der angrenzenden Truhe mit seiner Decke und seinem roten Kissen. Seiner Rasse wird nachgesagt, dass er kein Kuschelkater ist, der ständig auf- oder neben mir liegen muss und das stimmt auch. Deshalb freue ich mich immer sehr, wenn er meine Nähe sucht und richtig durchgeknuddelt werden möchte. Wenn ich im Bett mit der einen Hand mein Buch halte und die andere Hand meinen schnurrenden Kater krault, ist die Welt für mich jedenfalls in Ordnung.
