Hitzewelle

Bewegungslos

Nur nicht bewegen, lautet Charlys Devise, bei einer Hitzewelle, wie wir es diese Tage erleben. Da macht es selbst ihm keinen Spaß, sich auf seinen Beobachtungsposten unter der Terrassenbank zu legen. Auch wenn die Tür nach draußen sperrangelweit offensteht, bevorzugt er es, im kühleren Wohnraum zu ruhen. Mein Pelzträger leidet unter der Hitze. Apathisch wartet er auf Abkühlung. Er lässt es sich sogar von mir gefallen, wenn ich ihm ein kühlendes Tuch auf den Rücken lege. Nicht einmal zum Fressen hat er Lust.

Selbst von den Vögeln, die sich sonst immer in meinem Waschkesselbiotop erfrischen, hört und sieht man nichts. Erst gegen Abend werden sie munter werden. Auch ich vertrage die zu große Hitze nicht mehr. Früher war das anders. Da konnte es nicht heiß genug sein, um mich am Baggersee zu aalen. Heute tue ich es Charly gleich. Jedes Mal, wenn ich durch die Terrassentür nach draußen trete ist es, wie wenn ich gegen eine Wand laufen würde. Es fühlt sich so an wie im Jahr 1992 als ich in Mombasa aus dem Flugzeug stieg.

Raum für Beobachtungen

Am Abend, wenn die Sonne ihre Bahn über meiner Südterrasse beendet hat, wird wieder Leben einkehren. Auch das Abendessen schmeckt dann draußen. Der Platz unter der Bank wird besetzt. Die Terrasse ist bei angenehmen Temperaturen für mich und meinen Kater wie ein zweites Wohnzimmer. Am frühen Morgen findet es Charly dort am schönsten. Sobald ich die Tür öffne, streckt er schon seine Nase hinaus. Morgens gibt es viel zu entdecken. Käfer, die hastig über die Betonplatten krabbeln. Spinnen, die sich an der Wand abseilen und Vögel, die geschäftig hin und her flattern. Manchmal, wenn sich ein frecher Spatz nicht unweit von Charly auf den Boden setzt, versucht er sich an diesen Piepmatz anzuschleichen. Doch gefangen hat er noch nie einen. Charly ist eher ein Ornithologe als ein Jäger. Ich bin froh, dass er dafür kein Geschick entwickelt hat.

Spiegelbild

Charly beschäftigt sich sehr gerne mit Beobachten. In meinem Flur steht ein Spiegelschrank. Manchmal setzt er sich davor und schaut sehr lange hinein. Dabei maut er nicht und er versucht auch nicht den anderen Kater hinter dem Schrank zu suchen. Nein, er sitzt davor und schaut hinein. Ich kann ihn dabei vom Sofa aus gut beobachten und im Spiegel treffen sich dann auch unsere Blicke. Dann dreht er seinen Kopf nach mir um uns sieht mich sitzen. Da würde ich zu gerne wissen was er dabei denkt. Katzen haben keine Selbsterkenntnis und wissen nicht, dass sie das im Spiegel selbst sind. Doch was ist mit Frauchen und warum kann sie gleichzeitig auf dem Sofa hinter ihm sitzen und nochmal in diesem Schrank mit einem fremden Kater sein? Ich denke, Charly wird die Frage nie lösen.

Nur mache Tiere verfügen über diese Fähigkeit. Zum Beispiel können es Schimpansen, die uns Menschen am nächsten stehen. Auch Schweine können das. Wobei ich denke, dass nicht jedes Schwein gleich intelligent ist. Bei Elefanten hingegen wurde erforscht, dass sie sich im Spiegel erkennen. Es wurde ihnen ein Punkt auf die Stirn gemalt und sie versuchten vor dem Spiegel den Punkt zu entfernen. Elefantengehirne wiegen in etwa fünf Kilo und sie können sich Dinge merken, die zwölf Jahre zurückliegen. Nicht umsonst sagt man, wenn jemand sich viel merken kann, er habe ein Gedächtnis wie ein Elefant. Da kann Charlys Köpfchen nicht mithalten. Dafür hat er andere liebenswerte Qualitäten.

Eure Ela