Schon lange nichts mehr gehört von Charly

Wie geht es Charly?

Der letzte Tierarztbesuch liegt schon eine ganze Weile zurück. Seit Oktober 2022 hat Charly keine Blasenentzündung mehr gehabt. Ich schreibe es dem natürlichen Antibiotika Kolloidales Silber zu, das er immer noch fast täglich von mir verabreicht bekommt. Die geschmacklose Flüssigkeit lässt er sich widerstandslos in sein Mäulchen spitzen. Zur Eingabe begibt er sich freiwillig in die richtige Position um es sich von mir abzuholen. Es ist zur Routine geworden.

Trotzdem schweben seine organischen Fehlbildungen wie ein Damoklesschwert über uns. Am Sonntagabend mörsere ich seine Tabletten für die ganze Woche, die er pulverisiert morgens und abends in sein Futter bekommt. Zuerst gebe ich ihm nur eine kleine Menge seines Nassfutters und wenn er das mit der Medizin aufgegessen hat, schlage ich den Rest nach. In den Morgenstunden, wenn er sein Frühstück möchte, bin ich dann froh, dass ich schon alles vorbereitet habe. Wenn ich mir vorstelle ich muss dieses Prozedere, was für uns zum Alltag gehört, einer anderen Person anvertrauen, verzichte ich lieber auf Urlaub und Kurzreisen. Früher war das mal anders, doch jetzt kann ich ihn nicht mehr zu lange alleine lassen. Wenn es mal passiert, dass ich länger als gewohnt außer Haus bin, sehe ich in seinem Blick, wie groß seine Angst war und ich entschuldige mich bei ihm. Für Menschen, die kein Tier haben klingt das sicher doof, aber Tierbesitzer können bestimmt nachvollziehen was ich meine. Tiere sprechen mit ihren Augen und ihrem Körper. Katzen haben außerdem die besondere Gabe der Manipulation.

Charly ist erwachsen geworden

Wir leben jetzt nun sechs Jahre und vier Monate zusammen. Im Mai jährt es sich das zweite Mal, als mir in der Tierarztpraxis mitgeteilt wurde, dass Charly nicht mehr lange leben würde. Aber ich durfte erleben wie aus dem tollpatschigen Jungen ein stattlicher Kater geworden ist. Seit einiger Zeit stelle ich fest, dass er sich verändert hat. Er ist bestimmter und selbstbewusster mit seinen Anliegen geworden, aber auch verständiger und manchmal kommt es mir so vor, als ob wir uns auf Augenhöhe begegnen würden. Er hört mir zu, wenn ich mit ihm spreche und er antwortet mit seinen Lauten oder Gesten. Ich habe versucht durch die Tierkommunikation ihn zu verstehen und jetzt zeigt er mir, dass er mich versucht zu verstehen. Manchmal überrascht er mich, dass er es so gut beherrscht.

Wenn mich jemand besucht, kommt er um sich den Gast anzusehen. Wenn er jemanden mag, zeigt er das auf seine Art. Von Mau-Lauten bis Blinzelattacken wird dem Besucher alles geboten. Auch die Schuhe werden beim Ablegen genauestens inspiziert und wenn er den Geruch besonders gerne mag verschwindet sein ganzer Kopf im Schuh. Im Großen und Ganzen mag er alle Menschen, schließlich hat er noch nie ein schlechtes Erlebnis mit dieser Spezies gehabt. Sogar dem Installateur der neulich unsere Toilette ausgetauscht hat, lugte er neugierig in die Werkzeugtasche. Komischerweise hat er etwas gegen Paketboten und ich dachte, dass nur Hunde diesen Beruf nicht mögen.

Seit ein paar Monaten besucht ein Artgenosse von Zeit zu Zeit Charly. Er ist ein beiger British Kurzhaar und wie ich vermute ein Kater. Von meinem Nachbarn, auf dessen Terrasse er sich ebenfalls tummelt, ist er schon mit Charly verwechselt worden. Wenn der Beige merkt, dass ich zu Hause bin, setzt er sich vor die Terrassentür bis ich öffne und ihn hereinlasse. Ein kurzes „Hallo“ an meinen Beinen muss mir jedoch genügen. Möchte ich ihm über sein schönes, flauschiges Fell streicheln werde ich sofort mit einem Knurren gemaßregelt, das mir zu verstehen geben soll: „Komm mir ja nicht zu nahe!“ Deshalb ist es mir leider nicht möglich sein Geschlecht genau zu bestimmen. Ich schätze er ist noch sehr jung. Charly darf ihm auch nicht zu nahetreten, dann wird auch geknurrt. Obwohl er sehr selbstbewusst und entspannt wirkt, ist es nach meinem Gefühl eher ein ängstliches als ein aggressives Knurren. Wenn ich „ssssst“ sage, hört er auch sofort damit auf. Charly behandelt ihn anders als andere Katzen, die gelegentlich neben unserer Terrasse auftauchen. Wenn die Gescheckte bei uns vorbeikommt, läuft er in geduckter Haltung schnurstracks nach drinnen. Den beigen BKH jedoch würde er gerne mit seiner Nase berühren, respektiert jedoch dessen Ablehnung. Ich denke das liegt daran, weil Charly der ältere und gediegenere ist. Auf jeden Fall gefällt ihm sein Besuch außerordentlich gut und mir tut es leid, dass ich aufgrund seiner Diagnose und meines schmalen Budgets uns beiden keine Vergesellschaftung mehr zugemutet habe. Ich dachte immer, Charly würde sich nicht mehr mit einer anderen Katze verstehen. Da habe ich mich wohl geirrt.

Der nächste Tierarztbesuch

Bei Charlys Krankheit ist ein Gesundheitscheck mindestens einmal im Jahr leider unumgänglich. Am liebsten würde ich, solange es ihm gut geht keinen Tierarzt mehr aufsuchen. Doch noch in diesem Jahr werde ich ohne eine Ultraschalluntersuchung des Herzens keine Medikamente, die sein Leben verlängern, mehr bekommen. Diese Untersuchung ist der blanke Horror für Charly und auch für mich. Er wehrt sich und schreit aus Leibeskräften. Es werden drei Helferinnen benötigt um ihn auf dem Tisch festzuhalten. Nicht nur, dass meine Nerven dann blank liegen, die Tierarztrechnung im Anschluss wird hoffentlich bei mir keinen Herzinfarkt auslösen. Aber irgendwie müssen wir da beide durch und wir werden das auch noch schaffen. Auf dem Ultraschallbild kann man sehen, ob sich in Charlys Körper Blutgerinnsel gebildet haben. Falls das im hinteren Teil des Körpers passiert ist, kann das in den Beinen zu sehr schmerzhaften Lähmungserscheinungen führen.

Charly schläft sehr viel, aber sonst scheint es ihm gut zu gehen. Natürlich kann man das bei Katzen nie so genau sagen, denn sie verbergen Unwohlsein. Das schützt sie in der freien Natur vor Feinden. Sein Futter isst er jedenfalls mit Appetit und seine Atemfrequenz ist auch unbedenklich. Trotzdem bin ich immer sehr schnell besorgt, wenn er mal einen nicht so guten Tag hat.

Dabei haben wir alle schlechte Tage, ob Mensch oder Tier, auf den dann immer wieder ein guter folgt.

Knuddeln vor dem Fernseher

Eure Ela

Todgesagte leben länger

Irgendwann bleibt es einem Tierbesitzer nicht erspart, sich mit dem Sterbeprozess seines geliebten Fellfreundes auseinanderzusetzen. Mein Kater Charly ist sehr krank und vor über einem Jahr wurde mir von der Kardiologin aus der Tierarztpraxis prophezeit, dass er nicht mehr lange lebt. Seitdem reagiere ich auf jedes Unwohlbefinden von Charly sehr sensibel. Doch mir ist klar geworden, dass es weder ihm noch mir hilft, wenn ich traurig bin und mir Sorgen mache.

Schulmedizin

Ich berichtete bereits über Charlys schwer geschädigten inneren Organe aufgrund seiner Rasse. Zu all dem leidet er seit sieben Monaten an einer immer wiederkehrenden Blasenentzündung, ausgelöst durch Bakterien, die einfach nicht in den Griff zu bekommen ist. Daran wird er nicht sterben, außer man lässt es nicht behandeln, aber diese Krankheit bereitet ihm sehr starke Schmerzen. Da die Symptome, sobald das Antibiotika abgesetzt wird, nach 2-3 Tagen sofort wieder auftreten, stellt sich die Frage nach der Ursache. Das Beste für die Medizinerin wäre es, wenn die Ursache stressbedingt wäre, dann könnte man die Ursachenbekämpfung dem Tierhalter überlassen. Aber wer Charly kennt, weis, dass er zufrieden und ausgeglichen ist und in einem sehr ruhigen Umfeld lebt. Ich selbst möchte mich fast als Helikopterkatzenmama bezeichnen, die bei jedem Mucks reagiert. Erst recht seit ich weis, wie schwer krank er ist. Doch mir wird gerade beigebracht, dass ich das ablegen muss. Die Auswertungen des Labors zeigen jedes Mal, dass die Blasenentzündung bakteriell bedingt ist. Da wird es schon schwieriger herauszufinden warum Charlys Abwehrkräfte gegen die eigenen natürlichen Bakterien (Coli) versagen. Die Frage ob Charlys Immunsystem nicht mehr richtig funktioniert, kann mir die Ärztin auch nicht beantworten. Alles was sie Charly verordnen kann ist ein entzündungshemmendes Schmerzmittel und Antibiotika. Nicht das ein falscher Eindruck entsteht: Ich bin mit der Praxis, die ich für Charly gewählt habe bestens zufrieden. Sie nehmen sich ausreichend Zeit und behandeln Charly sehr gut. Doch manchmal reicht Schulmedizin vielleicht doch nicht für alles aus?

Gewissensfrage

Ich war dermaßen frustriert, als er nach der zweiten Sorte Antibiotika, die ich ihm wochenlang verabreicht hatte, einen Rückfall erlitt. Es schien mir sogar so, als ob mehr Blut im Urin war und die Schmerzen stärker waren, als vor der ersten Behandlung. Morgens um dreivierteldrei verabreichte ich ihm die erste Dosis Schmerzmittel und es dauerte zweieinhalb Stunden, bis es endlich wirkte. Zum Glück hatte ich Urlaub und konnte mir so die halbe Nacht um die Ohren schlagen und auf ihn aufpassen, bis die Schmerzen nachließen und er wieder normal auf seine Katzentoilette ging. Natürlich vereinbarte ich gleich wieder einen Termin mit der Praxis. Doch weil seine Tierärztin auch im Urlaub war, musste er ein paar Tage auf seine Untersuchung warten. Fünf Tage die Hölle. Es schien so, als ob Charly sich dieses Mal nicht erholen wollte. Er verkroch sich unter meinem Bett, lag apathisch in der Küche oder auf seinem Waschmaschinenplatz. Die einzigen Aktivitäten waren zur Katzentoilette und zum Futternapf. Doch er fraß, zwar nur kleine Portionen, aber dafür mehrmals am Tag. Er tat mir unendlich leid und es drängte sich mir die Frage auf, wie lange ich ihm das noch antun wollte. Doch litt ich mehr als er? Mein Gewissen rebellierte: „Bist du so traurig, weil es dir tatsächlich um sein Leid geht, oder handelt es sich um dein Selbstmitleid?“ Im Nachhinein bin ich froh, dass ich diese fünf Tage Zeit hatte. Diese Zeit brauchte ich um einer inneren Stimme zu folgen.

Alternativen

Die Antwort auf diese Frage, konnte mir nur Charly geben. Ich weis wie man mit Tieren kommuniziert, doch ich bin ungeübt und bei den eigenen Tieren ist so ein Gespräch immer schwierig. Vor allem hatte ich Angst davor mit ihm über den Tod zu sprechen, der In unserer Gesellschaft immer noch ein Tabuthema ist. Deshalb fragte ich Barbara Echtler, Autorin des Buches Seelengezwitscher, die mir schon vor drei Jahren bei Joy geholfen hatte, ob sie zu ihm Kontakt aufnehmen könnte. Sie tat es und was ihr mein Bub erzählte, befreite mich von meinen Sorgen, die ich mir aufgrund seines Zustandes machte. Entscheidungen die ich glaubte treffen zu müssen, wurden mir abgenommen. Während sie mir das Gespräch schilderte hatte ich ein paar Mal Gänsehaut und ich konnte von dem Gedanken loslassen, dass ich der „Nabel der Welt“ bin und Gott spielen müsste. Denn ich werde nicht entscheiden wann Charly von mir geht, sondern er selbst und er meinte im Gespräch, dass er mich das dann wissen lassen würde. Ob er dann zu Hause einschlafen wird, oder ob ich ihm dann helfe ihn zu erlösen, wird sich ergeben. Ich bin so stolz auf meinen Kater, dass er alles so hinnimmt wie es ist und mir so vertraut. Frau Echtler hat mit mir so offen darüber gesprochen, wie es ist, wenn eine Katze über die Regenbogenbrücke geht. Auch wie es bei Charly aufgrund seines Krankheitsbildes sein könnte. Ich bin nun gut informiert und vorbereitet. Ich habe keine Angst mehr ihn bis zu seinem Ende zu begleiten.

Gestärkt durch Tierkommunikation

Am gleichen Tag als mir Frau Echtler das Gespräch mit Charly schilderte, hatte ich auch den Tierarzttermin. Ich ging sehr entspannt in die Sprechstunde. Charly ging es aufgrund des Entzündungshemmers besser. Das Gespräch mit der Medizinerin verlief wie die vorigen. Sie gab mir eine dritte Sorte Antibiotika mit der Hoffnung mit, dass dieses endlich dauerhaft hilft. Doch ich erinnerte mich an das was Frau Echtler gesagt hatte: „Charly wird dir sagen, ob es das richtige ist. Wenn er es partout nicht nehmen möchte. Dränge es ihm nicht auf!“ Ich ging also ganz entspannt nach Hause und überlies ihm die Entscheidung. Gegen die letzte Antibiotikasorte hatte sich Charly nicht sonderlich gewehrt. Er fand es nicht gut, aber er hat es sich gefallen lassen. Dieses Mal sah er mich mit weit aufgerissenen Augen an und weigerte sich strikt gegen die Einnahme. Ob als Tablette in den Mund oder zermahlen, er hasste es und ich befolgte den Rat.

Trotzdem musste ich etwas finden was ihm helfen könnte. Es musste etwas Natürliches sein. Etwas das seine Immunkräfte stärkt und die Bakterien abtötet und mir fiel etwas ein, dass ich Charly gab als er noch klein war und aus unerfindlichen Gründen ständig Herpes am Maul hatte. Damals hatte es ihm geholfen. Dieses Naturheilmittel kann man problemlos bestellen. Es ist allerdings als Arzneimittel nicht zugelassen. Da wir aber nichts zu verlieren haben, und es nicht schädlich ist, teste ich es. Gestern habe ich es ihm das Erste Mal verabreicht und er nimmt es ohne Abwehr an. Ich hoffe, dass er dann wenigstens von der Blasenentzündung erlöst wird. Heute geht es ihm jedenfalls gut. Er liegt bei mir und hört mir beim Tippen des Beitrags zu. Bei der Tierkommunikation hat er gesagt, dass er noch eine Weile hierbleiben wird. Ob es Wochen oder Monate sind, dazu hat er sich nicht geäußert. Ich habe jedenfalls von ihm einiges gelernt. Loslassen und Dinge, die man nicht ändern kann so hinnehmen, wie sie sind.

Eure Ela

Tiergesichter

Früher, als ich noch einen Hund hatte, dachte ich, ich könnte nur deren Mimik lesen und verstehen. Dabei muss ich mir heute eingestehen, dass ich diesem Ausdrucksspiel viel zu oft menschliche Eigenschaften hineininterpretiert habe. Ein Tier kennt keinen Neid oder ist auch nicht beleidigt. Es ist weder arrogant noch tolerant. Für ein Tier gilt das Gesetz des Überlebens. Es ist hungrig, durstig oder paarungsbereit. Trotzdem fühlt ein Tier ähnlich wie ein Mensch. Es kann glücklich und zufrieden sein oder ängstlich und traurig. Ich möchte sogar behaupten, dass ein Tier lieben und auch hassen kann. Wobei dieses auch wieder daraus resultiert was das Tier für Erlebnisse mit Menschen hat oder hatte.

Heute begegnete ich einer Frau auf dem Rad, ihr Hund rannte vorneweg. Sie kam aus einem Waldweg und ihr Vierbeiner sollte, bevor sie auf die breitere Straße einbog, auf sie warten. Sie rief ihn, aber er blieb nicht sofort stehen, also rief sie lauter und dann noch lauter. Dann sagte sie: „Das ich immer so laut schreien muss!“

Nein, muss sie nicht! Schreien ist eher kontraproduktiv und hat denselben Effekt, wie wenn man einen Menschen anbrüllt. Sie müsste lernen seine Mimik und Gestik zu lesen. Das Gesicht dieses Hundes hat mir verraten, dass er nur als erster an der Straße sein wollte, um auf sein Frauchen aufzupassen. Dass das eigentlich ihr Job ist, auf ihn aufzupassen, hat er ihr wohl nicht ganz zugetraut und ihr erregtes Schreien, hat ihn in seiner Tat eher bestärkt.

Katzen haben viele Gesichter

Das es aber auch sehr spannend sein kann, das Gesicht einer Katze zu lesen, haben mir meine eigenen Stubentiger beigebracht. Mein Kater Charly verfügt über mehrere Ausdrucksformen, über die ich mich teileweise köstlich amüsieren kann. Er kann mich aber auch verwirren, indem er sich vor mich hinsetzt, mich mit großen Augen und einem gekonnt auffordernden Blick anschaut und sich mir dabei sofort die Frage aufdrängt, was er denn jetzt von mir möchte. Seine Wünsche sind banal. Sie bedeuten spiel mit mir, kraul mich oder ich bin hungrig. Trotzdem muss ich das Richtige tun, um ihn zufrieden zu stellen. Sein Gesichtsausdruck erreicht jedenfalls immer sein Ziel. Nämlich mich mit seinen Bedürfnissen zu beschäftigen.

Ist die Katze zufrieden, freut sich der Mensch

Ist sein Anliegen erfüllt setzt er seinen zufriedenen Blick auf. Meistens liegt er dabei auf dem Rücken oder auf der Seite, kneift die Augen zusammen und ist absolut tiefenentspannt. Seine Mundwinkel sind nach oben gezogen und es scheint als ob sein Gesichtchen lächeln würde. Bei längerem Betrachten, überträgt sich diese Zufriedenheit auch auf mich.

Charly kann mit offenen Augen träumen. Sein gläserner Blick verrät mir dann, dass er nicht anwesend ist. Ich gewinne dann den Eindruck, als würde er durch alle Materie hindurchschauen und etwas sehen können, was meinen Augen verborgen bleibt.

Können Katzen nachdenken?

Manchmal sieht es jedenfalls bei ihm so aus. Denn wehe, wenn ich in der Wohnung etwas umgestellt habe, oder es ist irgend etwas anders als sonst, dann bekommt er den studierenden Blick. Er schiebt seine Augenbrauen nach vorne und es entsteht eine Denkerstirn. Über diesen Ausdruck könnte ich mich jedes Mal köstlich amüsieren, weil er mich dann an Theo Weigl erinnert.

Wahre Zuneigung

Am schönsten ist es, wenn ich ihn dabei ertappe wie er versucht in meinem Gesicht zu lesen. Manchmal sitzt er neben mir und wenn ich nach ihm sehe, erwische ich ihn, wie er mich von der Seite visitiert. Unsere Blicke, die sich dann treffen sind so allessagend und sie berühren mich in meinem Herzen. Ich versuche ihm zurückzusenden, was ich in diesem Moment empfinde. Dieser Augenblick sagt mehr als tausend Worte.

Wenn es Charly nicht so gut geht, verbirgt er sein Gesicht indem er sich verkriecht oder mir den Rücken zuwendet. Ich denke es gehört zu seiner Art dies nicht sofort zu zeigen.

Ich könnte ihm jedenfalls stundenlang in sein ausdrucksstarkes Gesicht sehen.

Eure Ela

Wenn ein Tier zum Pflegefall wird

Keine Lust zum Spielen

Charly ist eigentlich noch viel zu jung um gepflegt werden zu müssen. Doch wegen seiner Rasse hat er viele Krankheiten, die eine gesunde Katze möglicherweise erst im Alter bekommen kann. Manchmal höre ich ein bisschen neidisch anderen Katzenbesitzern zu, die sagen, dass ihre Mieze schon fast 20 Jahre alt ist und erst jetzt im Alter Medikamente und besondere Pflege benötigt. Manche Katzen haben tatsächlich das Glück, außer zum Impfen und vielleicht für einen Chip, niemals zu einem Tierarzt zu müssen. Weswegen Charlys Seele sich ihren Platz ausgerechnet bei mir ausgesucht hat, muss einen tieferen Sinn haben. Tiere spiegeln ja bekanntlich ihren Besitzer.

Teufelskreis

Mein vierbeiniger Freund gehört leider zu den Bedauernswerten unter seinen Artgenossen und hat alles abgekriegt, was so ein kleiner Pelz nur bekommen kann. Über seinen Herzfehler habe ich schon berichtet. Beim letzten Ultraschall wurde festgestellt, dass er viel zu kleine Nieren für seine Körpergröße hat. Die Medikamente, die er ständig einnehmen muss, verschlechtern dazu noch seine Werte. Sein Abwehrmechanismus in den Harnwegen ist geschwächt und Bakterien können so ungehindert emporsteigen. Da helfen auch keine homöopathischen Heilmittel mehr. Diese helfen nicht bei angeborenen Deformierungen und die chemischen Mittel sind bei ihm leider notwendig. Seit Monaten quälen ihn deshalb Blasenwandentzündungen, die auch eine Begleiterscheinung der kranken Nieren sind. Es ist wie ein Teufelskreis, der sich einfach nicht durchbrechen lässt. Kaum denke ich und seine Tierärztin, dass die Entzündung weg ist, kommt schon wieder die nächste und die Abstände werden immer kürzer.

Tabletten werden von mir pulverisiert und ins Futter gemischt

Versuchskaninchen

Ständig müssen wir austesten, was Charly helfen könnte. Angefangen von speziellem Futter für die Nieren bis hin zu natürlichen Mitteln zur Unterstützung der Blase. Dabei ist es auch wichtig, dass mein Bubi es gerne annimmt, denn nicht alles lässt er sich gefallen und schreit dann, als ob ich ihm Gift verabreichen würde. Die Notfallspritze mit dem schmerz- und entzündungshemmenden Metacam habe ich immer parat. Ich sehe es ihm sofort an, wenn er wieder diese blöde Entzündung ausbrütet. Um ihm die schlimmen Schmerzen zu ersparen, muss ich rasch reagieren. Doch manchmal merke ich es erst, wenn er schon blutströpfchenweise Urin absetzt und unsauber wird. Dann dauert es eine Weile, bis das Medikament wirkt und er seine Toilette wieder aufsucht. Einmal bin ich ihm eine Stunde mit Haushaltstüchern hinterhergelaufen. Inzwischen reist er auch nicht mehr aus, wenn ich mit der Schmerzspritze auftauche. Ich denke, dass er inzwischen weis, dass es ihm hilft. Leider weis er auch was es bedeutet, wenn ich dann die gemeine Transportbox aus der Nische hole. Fix muss ich die Schlafzimmertür schließen, dass er nicht unter dem Bett verschwindet. Sein Zuhause in der Box verlassen, findet er am schlimmsten. In der Straßenbahn wird noch ein bisschen gemeutert und den zwanzigminütigen Fußweg zur Praxis wird auch ein paarmal unlustig kommentiert.

Bei fast sieben Kilo geht es nicht mehr ohne Rollen

In der Praxis verhält er sich vorbildlich. Im Wartezimmer beobachtet er die anderen Menschen, die an seiner Box vorbeilaufen. Nur im Sprechzimmer möchte er partout seine sichere Box nicht verlassen und er sperrt sich dagegen. Doch er hat noch niemals jemanden gekratzt oder gebissen, deshalb wird er auch von allen gemocht. Tapfer lässt er alles über sich ergehen. Außer den Ultraschall. Er hasst es, wenn ihm eine Position aufgezwungen und er dabei festgehalten wird. Wenn er dann wieder vom Tisch darf schlüpft er freiwillig zurück in seinen Trolli. Der Heimweg wird wenig kommentiert und in der Straßenbahn setze ich mich immer nahe zur Tür, dann kann er beobachten wer ein- und aussteigt. Ich glaube er weis inzwischen schon wie oft die Tür sich öffnet, bis wir aussteigen.

Die letzten Antibiotika hat er nicht vertragen. Er hatte keinen Appetit mehr und die letzte Tablette, die ich ihm ins Maul gesteckt habe, hat er erbrochen. Natürlich – wo sonst – in mein Bett. Da gibt es dann gleich etwas zu waschen wenn man von der Arbeit heim kommt. Letzten Donnerstag waren wir wieder bei seiner Tierärztin. Aus der Blase wird mit einer Spritze Harn abgenommen und ich muss dann immer warten, bis die Ergebnisse vom Labor vorliegen. Danach wird entschieden ob er Antibiotika braucht oder nicht. Aber ich denke, dass er es dieses Mal wieder brauchen wird. Versuchsweise wird er aber dieses Mal ein anderes verordnet bekommen. Zur Zeit gebe ich ihm UTI ZEN Tabletten, die ich ihm pulverisiert ins Futter mische. Die enthalten Cranberry und haben das Feolin abgelöst, das ich ihm zweimal am Tag mit einer Spritze oral verabreichen musste. Das hat ihm gar nicht gefallen und ich habe ihn gut verstanden. Wochenlag bin ich ihm hinterhergelaufen und musste ihn mit Engelszungen überzeugen, dass er das braucht. Nur geholfen hat es ihm meiner Meinung nach nicht.

Bei einem Biergartenbesuch, die sehr selten sind, aufgenommen

Wie geht es dem Pflegepersonal?

Manchmal macht es mich ganz schön fertig, wenn er wieder Schmerzen hat und ich weis, dass ich ihm nur bedingt helfen kann. Das sind die schlechten Tage. Dann sage ich Verabredungen ab, oder vereinbare erst gar keine. Manche Medikamente muss er zu bestimmten Zeiten bekommen. Das macht mich für Ausflüge und Biergartentreffen unflexibel. Umso mehr freue ich mich dann, wenn es ihm wieder besser geht und er sich so verhält, als wäre nichts gewesen. Ich spüre dann seine Dankbarkeit und ein liebevolles Zwinkern lässt die ganzen vorangegangen Strapazen von mir abfallen. Natürlich überkommen mich auch negative Gedanken, wenn der Tierarzt wieder viel Geld gekostet hat und die Nacht schlaflos war. Dann überlege ich schon, was für ein Tier tragbar ist. Was für mich tragbar ist. Doch diese Zweifel verschwinden sehr rasch wieder. Denn ob man einen Menschen oder ein Tier pflegt, bedeutet für mich dasselbe. Man tut es, weil man liebt und ich habe eben diese Aufgabe bekommen und ich glaube sogar, dass das die einfachere ist.

Vor kurzem habe ich mit einem Menschen gesprochen, der mir nahesteht und nachdem ich gefragt wurde, wie es mir geht, über Charly gesprochen. Die Antwort war, dass ich ihn doch einschläfern lassen soll um mir dann eine andere Katze zu holen. Ich war über die Aussage nicht einmal erschrocken, denn ich kenne diese Person sehr gut und ich weis, dass sie oft etwas sagt, ohne vorher darüber nachzudenken. Nachdem ich die Gegenfrage gestellt habe, ob sie das mit einem kranken Menschen auch so machen würde, hatte sie auch ihren Fehler bemerkt. Trotzdem glaube ich, dass Tiermenschen wie ich, oft belächelt werden und nicht so gut verstanden werden. Dabei erwarte ich gar kein Verständnis. Mir hilft es, wenn man mir einfach nur zuhört und Mitgefühl für meine Situation zeigt.

Eure Ela und Charly

Wenn es ihm nach der Schmerzspritze wieder gut geht

Was ist nur mit Charly los?

Rückzugsort

In letzter Zeit verbringt Charly die meiste Zeit im fensterlosen Badezimmer auf der Waschmaschine. Er schläft lange in einem Bettchen, das ich ihm dort oben extra, nachdem er so oft auf der kahlen Waschmaschinenablage gelegen hatte, bereitgestellt hatte. Diesen Rückzugsort nimmt er in Anspruch, wenn es ihm mal nicht so gut geht, oder sich vor irgendetwas ängstigt. Er gehört zu der Sorte Katze, die sich eher in sich zurückziehen, einkuscheln und schlafen und nicht zu denen, die sich an ihren Menschen wenden, wenn sie sich nicht wohl fühlen. Außer es geht um Futter und eine schmutzige Toilette, dann meldet er diesen Mangel sehr deutlich. Ich machte mir also Sorgen und ob es etwa mit seiner Krankheit zusammenhängt, dass er sich so selten bei mir blicken lässt.

Atemfrequenzmessung

Also suche ich ihn eben öfters im Bad auf, um ihn zu streicheln und gut zuzureden. Das findet er auch ganz toll und er rekelt sich und streckt mir schnurrend seinen Bauch entgegen. Dies ist bei Charly nicht als Abwehr zu deuten, sondern als „kraul mich“. Außerdem ist er keine Kratzbürste und sehr sanft. Bei den Krauleinheiten braucht man sich nicht zu fürchten, dass seine Laune plötzlich umschwenken könnte. Zum Badezimmerbesuch gehört auch, dass ich ihm täglich seine Atemfrequenz messe. Das dient zur Beobachtung, ob sich Wasser in seiner Lunge angesammelt hat. Wie misst man eine Atemfrequenz? Ganz einfach: Wenn er sich im Ruhezustand befindet beobachte ich seine Bauchdecke, die sich bei jedem Atemzug hebt und senkt. Dabei wird jedes Heben gezählt. Normalerweise zählt man zehn Sekunden und rechnet das dann auf eine Minute hoch. Weil ich aber in der Beziehung nicht über Multitasking verfüge und nicht gleichzeitig die Bauchdecke und die Uhr im Auge behalten kann, habe ich mir eine App auf mein Smartphone geladen. Es handelt sich zwar um den „Atemfrequenz-Messer für Hunde“ aber das macht keinen Unterschied. Bei Hunden wie bei Katzen gelten die gleichen Richtwerte und die sollten 30 Atmungen in der Minute nicht überschreiten. Darüber wird es kritisch und der Tierarzt sollte kontaktiert werden. Bei Charly liegt der Wert durchschnittlich bei 24. Also alles noch im grünen Bereich. Trotzdem machen ihm seine Krankheitssymptome gerade mehr zu schaffen als sonst. Das verraten mir seine Augen. So gerne würde ich dem Geplagten sein Leid mildern, doch manche Dinge muss man akzeptieren und annehmen wie es ist, auch wenn es schwerfällt. Er jedenfalls hat sich mit seinem Schicksal gut arrangiert.

Charly hat Angst

Doch sein Rückzug ist nicht der einzige Grund. Ich stellte fest, dass sobald ich die Wohnung verlasse, marschiert Charly ins Bad, so als ob er sich in Sicherheit bringen wolle. Ich beobachte auch, dass er bei Geräuschen aus unserem Umfeld mehr lauscht. Oft erschrickt er und zuckt zusammen, auch wenn hinter ihm nur etwas ganz leise hörbar ist. Das kenne ich gar nicht an ihm. Normal ist er immer relaxt, denn bei uns ist es immer ruhig. Irgendetwas muss während einer meiner Abwesenheiten passiert sein. Aber was? Ist jemand an unserer Tür gewesen? Ich habe das Gefühl, dass er sich im Wohnzimmer und im Schlafzimmer nicht mehr so sicher fühlt wie normal. Seine Lieblingsplätze dort besucht er nur noch, wenn ich da bin. Was hat sich verändert? Ich habe die Terrasse in Verdacht, denn die beiden Räume verfügen jeweils über einen Zugang zu ihr. Hat ihn da draußen jemand oder etwas erschreckt?

Bekanntschaft mit dem Übeltäter

Schon oft habe ich festgestellt, dass wenn man um eine Antwort bittet, diese auch bekommt. So wie heute. Ich war gerade in der Küche und Charly saß im Schlafzimmer vor der Terrassentür, die ich zum Lüften geöffnet hatte. Plötzlich schlich er sich in geduckter Haltung an mir vorbei ins Badezimmer. „Was ist denn Bubi? Vor was hast du Angst?“, habe ich ihn gefragt und ging dorthin wo er gerade herkam. Und siehe da eine Katze oder ein Kater, das Geschlecht konnte ich bei der kurzen Begegnung nicht erkennen, glotzte zur Terrassentür herein. Vermutlich wäre sie oder er auch hereinspaziert, wenn ich nicht um die Ecke gekommen wäre. Die grauweiß gescheckte Katze war mir bekannt. Ich habe sie schon öfters über die Terrasse huschen sehen und sie gehört irgendjemandem aus der Umgebung. Sie war es also, die meinen Charly so verängstigt hat. Vielleicht hat sie, wenn ich nicht da war, ihre Nase an unsere Scheiben gedrückt. Mein kleiner Schisser saß also mit weiten Pupillen auf der Waschmaschine, obwohl der Eindringling sich schon lange verdünnisiert hatte. Auch das Schließen der Tür und gutes Zureden nützte nichts ihn davon zu überzeugen, dass die Gefahr vorbei war. Ich nahm ihn also auf den Arm. Normalerweise mag er das nicht und lässt sich nur unter Protest ein kurzes Stück tragen. Doch heute verhielt er sich mucksmäuschenstill. Ich trug ihn also zum Terrassenfenster und zeigte ihm, dass da niemand mehr ist. Es hat eine Weile gedauert, bis er sich mit Ohren und Nase davon überzeugt hatte, dass er mir glauben kann. Trotzdem war er erst einmal vorsichtig. Aber er ging nicht mehr ins Bad zurück, sondern sprang zu mir auf das Sofa und dankte mir mit Kopfstößchen und an mich kuscheln, dass ich den Feind vertrieben hatte.

Es ist schön, ihn wieder ganz entspannt auf dem Sofa liegen zu sehen.

Eure Ela mit Charly

Wie geht es Charly?

Zurücklassen

Der Tag, an dem ich Charly in die Tierarztpraxis zur Zahnbehandlung gebracht habe und zurücklassen musste, war einer meiner längsten. Zum Glück strahlte die Sonne, als ich mich ohne ihn auf den Heimweg begab. Zu Fuß ist es eine ziemlich weite Strecke. Um nicht ständig an ihn zu denken, ob er schon schläft, oder bereits Röntgenaufnahmen gemacht wurden und wie viele Zähne wohl herausgenommen werden mussten, schlenderte ich dahin und betrachtete aufmerksam die Umgebung. Ich suchte nach schönen Fotomotiven und nach Zeichen, die mir sagen sollten, dass alles gut gehen würde. Es war seltsam, denn alles was mir begegnete, sagte mir genau das: „Alles wird gut.“ Auch mein Körper fühlte sich entspannt und meine Seele beruhigt an. Ich konnte den kurzen Aufenthalt am See und den restlichen Heimweg sogar genießen.

Abholen

Als ich nach Hause kam, war es schon komisch, dass mein Kater nicht da war. Auch wenn er mich nicht wie ein Hund schwanzwedelnd an der Tür begrüßt, sondern meistens irgendwo liegt und schläft, fühlte sich die Wohnung leerer an. Ich kann es nicht erklären – und vielleicht geht es auch anderen Haustierbesitzern so – aber seine Anwesenheit ist für mich spürbar. Die Energie in der Wohnung ist dann eine ganz andere. Ich setzte mich auf mein Sofa und überlegte, wie ich mir die Wartezeit verkürzen konnte. Sobald Charly aus der Narkose wach wurde, würde mich die Tierarztpraxis anrufen und mir Bescheid geben. Doch mir fehlte die Motivation, mich mit Hausarbeit oder etwas Anderem zu beschäftigen. Gegen vierzehn Uhr erhielt ich dann den erlösenden Anruf: „Charly ist wach, es geht ihm gut und er ist auch schon fit. Sie können tief durchatmen.

Wahrscheinlich hat sie meinen Schnaufer gehört.

„Nur fressen tut er nichts.“

„Ja. Mit Futter ist er ganz speziell,“ antwortete ich.

„Wir beobachten ihn noch ein bisschen und um sechzehn Uhr können Sie ihn wieder abholen.“

Ich war glücklich. Da ich noch ein bisschen Zeit hatte und nicht so recht wusste, was ich tun sollte, googelte ich im Internet. Seit ich weiß, dass mein Kater Herzkrank ist, spukt mir der Gedanke „Was mache ich mit Charly’s Körper, wenn er mich verlässt?“ ständig in meinem Kopf. Also suchte ich nach Tierbestattungsmöglichkeiten, denn bei der Tierverwertung wird mein Kater einmal nicht landen. Das ist sicher. Jetzt bin ich vorbereitet und wenn es dann einmal soweit sein sollte, weiß ich nun was ich tun werde.

Meine Tochter war pünktlich da, um mich mit dem Auto in die Praxis zu fahren und uns wieder nach Hause zu bringen. Ich freute mich, als die Tierarzthelferin sagte, dass Charly, als er mich hörte sofort aufgestanden war und seine Lebensgeister überraschend schnell zurückkehrten. Und da wird behauptet, dass nur Hunde zeigen könnten, wie sehr sie ihre Menschen mögen.

Genesung

Daheim durfte Charly erst einmal aus seiner Transporttasche heraus. Sein Gang war normal und Nachwirkungen der Narkose waren nicht deutlich erkennbar. Die Medikamente, die er während der OP verabreicht bekommen hatte, zeigten noch ihre Wirkung. Er legte sich vor die Terrassentür und schaute lange nach draußen. Wie er die Prozedur verkraftet hatte, würde sich erst am nächsten Tag zeigen. In kleinen Portionen durfte er auch wieder sein Futter aufnehmen und weil sein Magen nicht rebellierte konnte er am Abend schon wieder ganz normal fressen. Er genoss die Streicheleinheiten und ich betrachtete mir sein linkes kahlrasiertes Hinterbeinchen. Die Stelle in der die Narkosenadel gesteckt hatte, sah schlimmer aus, als es war. Gerne hätte ich auch seine beiden Zahnlücken mit den selbstauflösenden Fäden betrachtet, aber da war er nicht damit einverstanden. Ich studierte den Zettel, den mir die Tierarztpraxis mitgegeben hatte, denn ab morgen bekam er zu seinen üblichen Medikamenten noch Antibiotika und Schmerzmittel ins Futter. Nach der letzten Fütterung verkroch sich mein Geplagter unter mein Bett. Sein Rückzugsort bei Unbefindlichkeiten. In letzter Zeit tat er das öfters. Die Hoffnung auf eine ruhige Nacht erfüllte sich und er ließ mich sogar länger schlafen wie gewöhnlich.

Damit er die Medikamente auch alle aufnahm, pulverisierte ich die Tabletten und mischte sie unter eine kleine Portion Futter. Erst als er diese aufgefressen hatte, bekam er Nachschub. An Appetit mangelte es nicht, doch die Fäden empfand er als außerordentlich störend. Er versuchte sie mit der Zunge herauszuschieben oder durch Kopfschütteln los zu werden. Dabei spuckte er auch immer eine kleine Menge Futter auf den Fußboden. Das vergraulte ihm die Lust aufzuessen und er begnügte sich mit einer vorläufigen Sättigung. Die Tierärztin hatte mich darauf schon vorbereitet, aber auch versichert, dass er sich daran gewöhnen würde.

Von Tag zu Tag ging es ihm besser. Seine Unter-dem-Bett-Aufenthalte wurden weniger und er suchte wieder meine Nähe. Nun bevorzugte er es wieder auf dem Bett zu liegen, ein Zeichen, dass er sich wohl fühlt.

Nach sieben Tagen musste ich ihn wieder in die inzwischen geächtete Transporttasche packen und mit ihm zur Nachuntersuchung. Die Tierärztin zeigte mir die Zahnlücken, die ich jetzt endlich mit ihrer Hilfe auch genau betrachten konnte. Sie waren super verheilt und sie war sehr zufrieden. Sein Gewicht hatte sich um 200 Gramm reduziert, was jetzt für seine Statur nicht weiter schlimm war. Als ich das Antibiotika absetzen durfte, normalisierte sich sein Hunger auch wieder. Vermutlich hatte ihm das Medikament auf den Magen geschlagen. Das ist das Paradoxe an der Medizin – hilfreich und schädlich zugleich. Egal ob für Mensch oder Tier.

Medikamente

Ich persönlich stehe mit Medikamenten auf Kriegsfuß. Mir muss schon der Kopf platzen, dass ich eine Schmerztablette einnehme. Deshalb stehe ich auch in Bezug auf Medikamenteneingabe bei meinem Kater in einem Zwiespalt. Wieviel ist noch gut und richtig? Dabei ist für mich wichtig, dass Charly keine Schmerzen hat oder unter einer nicht mehr tiergerechten Lebensqualität leiden muss. Antibiotika und Schmerzmittel waren da sicher eine gute Lösung. Das waren auch Medikamente, die man wieder absetzen konnte. Aber was ist mit der Medizin, die ich ihm aufgrund seiner unheilbaren Herzerkrankung dauerhaft eingeben soll? Blutdrucksenker und Entwässerungstabletten zeigen zwar ihre Wirkung, aber sie können auch andere Organe schädigen, z.B. die Nieren. In drei Monaten wäre wieder der Herzultraschall fällig. Da würde dann festgestellt werden, ob die Ödeme sich zurückgebildet haben oder sich mehr Wasser in seinem Körper abgelagert hat. Wenn das so ist, müsste die Tablettendosis erhöht werden. Eigentlich sind das nur lebensverlängernde Maßnahmen. Natürlich möchte ich, dass Charly so lange wie möglich noch bei mir ist, aber reicht es nicht schon, dass wir Menschen uns lieber lange quälen als das Leben loszulassen? Ich persönlich habe zum Leben und Sterben eine spirituelle Meinung.

Mir stellt sich auch die Frage, was Menschen tun, die nicht so viel oder gar kein Geld für Tierkrankenversicherungen und Tierarztkosten haben. Deshalb sollte man Personen gar nicht verurteilen, die Tiere in einem desolaten gesundheitlichen Zustand abgeben. Sich von ihrem Tier zu trennen ist diesen Leuten bestimmt auch nicht leichtgefallen. Natürlich ist dieses Verhalten für mich auch egoistisch und grausam. Deshalb bin ich froh, dass ich die Tierarztrechnungen noch bezahlen kann, obwohl das Geld für andere Zwecke angedacht war. Schließlich hat man eine gewisse Verantwortung für sein Tier übernommen. Aber was würde ich tun, wenn ich nicht könnte?

Charlys Tierheilpraktikerin hat mir ebenso ein paar Tipps gegeben, welche Heilmittel gut sind um seinen Magen-Darm-Trakt nach der Antibiotikaeingabe wieder zu verbessern. Das ist wichtig für ihn, weil ihn sein Magen schnell drückt. Das bekommt er von mir nun drei Monate verabreicht. Auch bei natürlichen Präparaten gibt es eine ganze Litanei an Empfehlungen für Charlys Probleme. Da gibt es z.B. verschiedene Vitapilze, die eine entwässernde Wirkung haben, welche die die Nieren stärken, unregelmäßige Herztätigkeit regulieren und den Herzmuskel kräftigen. Diese Heilmittel von Mykoplan sind meiner Ansicht die Besten, aber als dauerhafte Eingabe auch kostspielig und irgendwo sind auch bei mir finanzielle Grenzen gesetzt. Trotzdem finde ich diese Produkte besser, als die chemischen. Nun habe ich die Qual der Wahl. Was ist sinnvoll und was überlasse ich dem natürlichen Lauf?

Ich denke: „Kommt Zeit, kommt Rat,“ und meistens kommt er von oben.

Ist die Katze krank, sorgt sich der Mensch

Man fühlt sich so hilflos, wenn der geliebte, vierbeinige Lebensbegleiter krank ist. Schließlich können sie sich nicht verbal mit ihren Besitzern verständigen und die Körpersprache einer Katze wird meist falsch interpretiert. Kleine Verhaltensveränderungen werden oft übersehen und schleichen sich dann langsam als Normalität ein. Gerade Katzen können Schmerzen stillschweigend hinnehmen. Sie beklagen sich nicht und lassen sich lange nichts anmerken. Wenn man dann spürt, dass etwas nicht stimmt, ist die Krankheit bereits sehr ernst zu nehmen.

Mein Kater Charly verhielt sich schon als kleiner Welpe nicht so wie „normale“ Katzen. Er ist ein Scottish Fold und dieser Rasse, sowie auch vielen anderen Rassekatzen, schreibt man einige gesundheitliche Probleme zu. Doch die Gesundheitschecks beim Tierarzt ergaben nie Auffälligkeiten. Die Herpesbläschen, die er zweimal am Mund bekommen hatte, wurde vom Tierarzt schulterzuckend mit Cortison behandelt. Da ich und der Tierarzt unter keinen Umständen ihm ein drittes Mal diese Spritze zumuten wollte, probierte ich zum ersten Mal alternative Präparate aus…und siehe da es hatte geholfen. Die Bläschen waren weg und kamen auch nicht mehr wieder. Sein Appetit war wieder normal, seine Augen blitzten wieder klar und machte auf mich wieder einen fitten Eindruck.

Charly war schon immer vorsichtig und sensibel. Als meine Kätzin Joy noch lebte, und sie sich als Freigängerin entpuppte, erlaubte ich ihm mit ihr zu den Nachbarsterrassen zu gehen. Sie passte auf ihn auf und wenn ich sie rief schubste sie ihn so lange, bis er ihr nach Hause folgte. Leider fiel mein kluges Mädchen im Frühjahr 2019 einem Unglück zum Opfer und war nicht mehr nach Hause gekommen. Charly hatte sehr lange getrauert. Vielleicht hätte ich ihm sofort wieder einen Kameraden holen sollen, aber ich habe keine Möglichkeit meine Terrasse so zu sichern, dass sich die Katzen nicht weiter weg entfernen können und nochmals ein Tier auf diese Weise zu verlieren, wollte ich nicht mehr riskieren. Seitdem lebt Charly mit mir alleine und seine Ausflüge beschränken sich nur noch innerhalb unserer Wohnung und der Terrasse, die er auch ohne Absicherung nicht verlässt.

Nach der Trauer bekam Charly Verdauungsprobleme und er litt immer öfter an Verstopfung. Den Tierarzt den ich damals konsultierte behandelte leider nur die Symptome, nicht die Ursache. Ich holte mir Rat bei einer Tierheilpraktikerin. Sie verordnete ihm eine Ernährungsumstellung und riet mir zu hochwertigerem Futter mit einem höheren Fleischanteil. Das Trockenfutter bekam er ab da nicht mehr. Sie stellte mit verschiedenen Naturheilmitteln einen Therapieplan zusammen. Danach verschwanden die Probleme und er erfreute sich bester Gesundheit. Dachte ich…

Armer kranker Kater

Man macht sich immer Vorwürfe, wenn man die Anzeichen nicht richtig erkannt hat und in unserem Fall musste erst etwas Schlimmes passieren, damit auch die übrigen gesundheitlichen Probleme aufgedeckt wurden.

Der Mai 2021 war wohl einer der schlimmsten Monate für Charly und mich. Zuerst verschluckte er einen Grashalm so blöd, dass er irgendwo im Nasen-Rachenraum hängen blieb und ich Angst hatte, er könnte daran ersticken. Er musste sich der Prozedur einer Spülung unterziehen. Kurz danach bekam er auch noch eine Blasenentzündung, die sich in häufigem Absetzen von kleinsten Mengen Urin unter starken Schmerzen und Unsauberkeit äußerte. Es musste eine Ultraschalluntersuchung und eine Röntgenaufnahme gemacht werden. Natürlich, wie kann es anders sein, passierten die beiden Notfälle immer am Wochenende und ich musste mit ihm in die Tierklinik. Dort wurde er gründlich untersucht. Die Ärzte waren sehr nett und nahmen sich sehr viel Zeit für uns. Vielleicht musste es so sein, dass er dort behandelt werden musste, denn was ich dann zu hören bekam, war niederschmetternd.

Zahnschmerzen

„Sehen Sie den schmalen roten Streifen am oberen Zahnfleischrand?“ wurde ich vom Tierarzt gefragt. Er hielt Charlys Kopf profimäßig fest und schob seine Lippe nach oben. Von mir hätte er sich das nicht gefallen lassen und hätte sich lauthals beschwert. Den Ringkampf mit meinem sieben Kilo schweren Kater verlor ich auch ständig. Aber dem festen Griff des Tierarztes entkam er nicht. Ich nickte.

„Sein Zahnfleisch ist stark entzündet und es kann sein, dass die Zahnwurzeln auch schon angegriffen sind. Die Zähne selbst sehen, bis auf ein bisschen Zahnstein, zwar gut aus, aber das muss man unbedingt röntgen. Wenn sich herausstellt, dass die Wurzeln kaputt sind, müssen die Zähne gerissen werden, denn er hat sicherlich Schmerzen. Ist Ihnen da etwas aufgefallen?“

Oh, je, dachte ich. Es lag also daran, dass er in letzter Zeit oft Mundgeruch hatte und er nur noch fein pürierte Pastete gefressen hat. Es tat mir sofort leid, dass ich ihn immer verdächtigt habe wählerisch und heikel zu sein. „Ja, er frisst nicht mehr alles und die Leckerlis möchte er auch nicht mehr zerbeißen. Aus seinem Maul riecht er in letzter Zeit auch komisch.“

„Das deutet alles darauf hin. Lassen Sie das bitte kontrollieren!“

In meinem Kopf fing es an zu rattern. Zahlt das meine OP Versicherung? Warum habe ich nur keine Krankenversicherung für ihn abgeschlossen? Da habe ich wohl wieder am falschen Fleck gespart. Scheibenkleister. Haben mich die beiden Notfälle schon ein halbes Vermögen gekostet und jetzt das noch. „Ja, das mache ich auf jeden Fall,“ antworte ich.

Nun griff der Arzt nach dem Stethoskop und lauschte: „Da höre ich auch noch ein unnormales Geräusch am Herzen. Es schlägt zu schnell. Das muss nichts Schlimmes bedeuten, aber ich würde das auch unbedingt von einem Kardiologen untersuchen lassen.“

Wieder rattert mein Rechencomputer im Kopf. „Ja, das werde ich auch nachschauen lassen,“ gab ich zur Antwort.

„Jetzt hole ich Ihnen noch die Medikamente für die Blasenentzündung und ein Schmerzmittel. In zehn Tagen lassen Sie bitte seinen Urin nochmal untersuchen, ob die Entzündung weg ist. Die Termine wegen der Zähne und des Herzens können Sie dann auch gleich vereinbaren. Sie könne das bei uns machen, aber auch wo anders. Das liegt bei Ihnen, aber bitte auf jeden Fall kontrollieren lassen.“

Wahrscheinlich waren in meinen Augen die „Eurozeichen“ sichtbar gewesen, weil er das so eindringlich zu mir gesagt hat. In meinem Herzen war jedoch nur tiefes Mitgefühl und das überdeckte auf jeden Fall die Angst vor einer hohen Tierarztrechnung.

Charly’s Herz

Der Weg zur Tierklinik ist für mich ohne Auto etwas kompliziert, deshalb suchte ich mir eine andere Tierarztpraxis, die für mich besser zu erreichen ist. Ich fand eine Praxis, bei der sich auch sämtliche Untersuchungsmöglichkeiten unter einem Dach befanden. Zuerst hieß es Aufnahmestopp für neue Patienten, aber nachdem ich Charlys Probleme genau schilderte, wurden wir zum Glück aufgenommen. Der Blasen-Nachsorgetermin ergab, dass alles in Ordnung war. Bei den übrigen Untersuchungen erhielt ich die gleiche Diagnose wie in der Klinik. Weil mein Kater bei der Zahnbehandlung eine Narkose erhalten würde, waren wir uns einig, dass zuvor das Herz kontrolliert werden musste. Wir vereinbarten einen Termin und ich hoffte, dass alles gut ausgehen würde. Doch über der Frage der Ärztin ob ich etwas an Charlys Verhalten bemerkt habe, grübelte ich. Er war beim Spielen nicht sehr ausdauernd und wenn er einmal seiner Katzenangel nachjagte, war sein Spurt nur von kurzer Dauer. Er schaute lieber zu, wenn ich mit seinen Bällen oder Angeln spielte. Ich dachte es kommt daher, weil er rassetypisch schwer ist und seine Beine so kurz sind. Also ein anatomisches Problem. Sollte ich mich da auch getäuscht haben?

Ohne wirklich triftigen Grund sollte man seiner Katze einen Herzultraschall nicht zumuten. Es ist purer Stress. Wir hielten ihn zu zweit fest, während die Kardiologin sein Herz abtastete. Sein unaufhörliches Miauen war herzzerreißend. Weil sie ihn nicht an der Brust rasieren wollte, war zuerst die Bildqualität am Bildschirm nicht sehr gut. Sie erklärte mir, dass das nicht an der Dichte des Fells liegt, sondern an der Luft, die sich im Fell befindet. Sie befeuchtet seinen Pelz mit Wasser, was ihm wiederum überhaupt nicht gefiel. Dann wurden die Bilder deutlicher. Ich sah die Umrisse seines pumpenden Herzens, rote und blaue Farbe blitzte auf.

„Sehen Sie das?“, die Ärztin deutete auf das pulsierende hell umrandete Schwarz. „Das nennt man „kissing lession“ und sieht aus, als ob sich die beiden Wände küssen würden. Das ist eine Anomalität, die häufig bei Rassekatzen vorkommt.“

Nach ihrer Erklärung sah ich es auch ganz deutlich. Dann sagte sie lange nichts mehr.

Nachdem die Untersuchung beendet war und Charly erlöst wurde, klärte mich die Kardiologin in einem langen Gespräch auf. Dabei erklärte sie mir anhand des entstandenen Bildmaterials den Befund. „Charly ist schwer Herzkrank…wirklich schwer,“ endete sie.

Ich musste das Gesagte und Gezeigte erst verarbeiten und konnte noch nicht glauben was ich erfahren musste. Ich versuchte den Wirrwarr in meinem Kopf zu ordnen. Verdickungen, zu hoher Blutdruck, vergrößerter Vorhof, Flüssigkeitsablagerungen. Eins wurde mir klar. Er ist nicht faul und träge. Er hat ein krankes Herz und ich fühlte mich schuldig, dass ich es nicht früher gesehen habe.

Sterben

Das ein Tier, im besten Fall sogar, früher stirbt als sein Mensch ist klar. Aber das es aus gesundheitlichen Gründen nicht sehr lange leben wird, ist bitter. Dabei dachte ich immer wir beide werden zusammen alt. Wie lange er noch bei mir bleiben darf, konnte mir die Ärztin nicht sagen. Das kommt darauf an wie schnell die Verdickungen wachsen und wie viel Flüssigkeit sich in seinem Körper und Organen ansammeln wird. Es können ein paar Monate sein, aber vielleicht noch ein paar Jahre. Ich hoffe, das Letztere tritt ein. Die Frage ob er Herzschmerzen hat, hat mir die Ärztin mit nein beantwortet. Trotzdem hat er Schmerzen und zwar an den Zähnen und ich möchte nicht, dass er das noch länger aushalten muss. Deshalb war meine Entscheidung für die Zahn-OP und der damit verbundenen Narkose schnell geklärt.

Vorgestern war ich bei der Blutdruckkontrolle und das blutdrucksenkende Medikament hat angeschlagen. Das Narkoserisiko hat sich verringert. Doch ein gewisses Risiko bleibt, speziell bei einem Herzpatienten, immer. Ich bete für meinen lieben Kater, dass er Montag, den 28. Juni gut übersteht. Wenn er wieder aufwacht, werde ich jedenfalls alles was mir möglich ist tun, damit er noch ein gutes Leben bei mir hat. Wir können deshalb sämtliche Daumendrücker gut gebrauchen.

Rassekatzen

Nun stellt sich sicher die Frage, ob ich nach meinen Erfahrungen empfehlen kann, sich eine Rassekatze zu kaufen. Trotz allen Problemen bereue ich keinen Tag mit meinem Tier. Sein Charakter ist so, wie es dieser Rasse zugeschrieben wird und ich es mir ausgesucht hatte. Eine Rasse wie Charly würde ich mir jedoch nicht mehr kaufen, denn sie ist in meinen Augen eine Qualzucht. Für meine Wohnung ist ein Freigänger ungeeignet und wenn es schon eine Rassekatze sein sollte dann würde ich auf eine seriöse Züchtung achten.

Wie erkennt man einen seriösen Züchter? Er zeigt unaufgefordert immer die Mutterkatze und die Geschwister und beantwortet auch kritische Fragen, beispielsweise wie häufig die Mutterkatze gedeckt wird. Wenn der Züchter ausweicht, kann man davon ausgehen, dass man noch genauer hinschauen sollte. Die Zuchtpapiere und der Impfausweis mit gültigen Impfungen müssen vorhanden sein. Ein Züchter möchte immer den Interessenten persönlich kennenlerne und bietet seinen Kontakt für weitere Fragen und Problemen auch nach dem Kauf an.

Als ich Charly kaufte, war ich noch zu unerfahren um genau nachzufragen. Heute weiß ich, dass mich die Züchterin nicht wirklich gut aufgeklärt hatte. Ich denke, sie wusste bereits damals, dass Charly ein Sorgenkind werden könnte. Ein Katzenwelpe sollte nach 8 Wochen die erste Impfung für die Grundimmunisierung erhalten. Das ist bei Charly auch nicht geschehen. Vielen Hobbyzüchtern oder noch schlimmer „Vermehrern“ geht es in erster Linie nur darum schnell viel Geld zu verdienen. Leider steht das Wohl der Tiere oft erst an zweiter Stelle.

Was Katzen wollen

Den eigenen Willen lassen

So wie Hundebesitzer*innen ihre ganze Kraft und Ausdauer in eine gute Erziehung ihres vierbeinigen Begleiters stecken, sind Katzenhalter*innen damit beschäftigt, herauszufinden wie sie das Leben ihres Stubentigers so angenehm wie möglich gestalten können. Wenn man es richtig anstellt, wird der anhängliche Hund einmal das tun, was sein Mensch von ihm verlangt. Eigenständige Katzen hingegen verstehen es ausgezeichnet den Spieß umzudrehen.

Der Grund dafür ist, dass Hunde ihren Menschen anderes brauchen als Katzen. In einer Stresssituation wird ein Hund immer Schutz bei seinem Halter suchen. Katzen hingegen werden erst einmal versuchen das Problem selbst zu lösen. Eine Katze, die den Freigang geniest und schon deshalb auf sich selbst gestellt ist, muss sich auch alleine zurechtfinden können. Natürlich gibt es auch, vor allem in südlichen Ländern, die sogenannten Straßenköter, die auch gelernt haben sich selbst durchzuschlagen. Doch man wird sie als Rudeltiere kaum alleine antreffen, denn sie brauchen die Gemeinschaft. Katzen sind ebenso soziale Tiere, doch ihre Maus jagen sie dann doch lieber alleine.

„Sitz“, „Platz“, „Bleib“, „Aus“ – das habe ich noch nie meinem Kater befohlen. Wenn ich zu ihm spreche, dann klingt das eher so: „Was möchtest du denn? Was hast du denn jetzt schon wieder? Schmeckt es dir heute nicht?“ Nicht, dass ich eine Antwort erwarten würde, aber irgendwie versteht er es dann doch, mir sein Problem verständlich zu machen und mich zu einer Lösung zu veranlassen. Es hat schon einige Zeit gedauert, bis ich kapiert habe, was seine Wünsche sind, aber inzwischen nach 4,5 Jahren, klappt es schon ganz gut. Für meinen damaligen Hund wäre ich jedenfalls nicht morgens um fünf aufgestanden, um ihm seinen Futternapf zu füllen. Er hatte brav gewartet, bis sich meine müden Glieder aus den Federn erhoben hatten um dann noch einmal zu warten, bis ich gewaschen und angezogen war, um mit ihm seine Morgenrunde zu drehen. Wenn er dann vorbildlich sein Geschäft erledigt hatte, bekam er sein Futter. Anders bei meinem Kater Charly. Er frisst, schläft und erledigt sein Geschäft, wenn er es für richtig erachtet.

Aufmerksamkeit schenken

Charly hat mehrere Methoden entwickelt um mir mitzuteilen, was er gerne hätte. Manchmal reicht es schon, wenn er mich lange genug hypnotisiert, dass ich auf ihn aufmerksam werde und mich vom Sofa erhebe. Das gelingt ihm auch über den Spiegel im Flur. Wenn ich mich dann erhebe, eilt er mir voraus in die Küche. Erreichen mich seine Blickkontakte nicht, dann wird verbal kommuniziert. Sein „Miau“ zeigt sich in unterschiedlichen Tonlagen. Umso jämmerlicher es klingt, umso dringlicher ist sein Anliegen und mein Mutterherz ist einfach nicht in der Lage es zu überhören. Ich weiß nicht wie er es schafft, dass ich nicht sauer auf ihn werde, wenn er mich morgens um fünf weckt. Das dürfte sonst niemand mit mir machen.

Für die Aufforderung: „Spiel mit mir“, hat er eine andere Taktik entwickelt. Neben der Couch steht ein Körbchen mit Spielsachen. Reagiere ich nicht sofort, wenn er sich daneben setzt und mich anstarrt, schabbelt er solange mit den Vorderpfoten an der Glastüre am Schrank. Als Wohnungskater hat er wenig Bewegung und es ist ganz wichtig, dass er seiner Katzenangel hinterherjagen kann. Wenn ich es vergesse, und das ist meistens der Fall, erinnert er mich mit dem nervenden Geräusch daran.

Sauberkeit

Es meldet mir auch immer sofort, wenn er sein großes Geschäft auf dem Katzenklo erledigt hat, denn seine Nase ist sehr empfindlich. Eine Katze riecht 30 mal besser als ein Mensch. Also, bevor ich es rieche, gibt er schon mal Bescheid, dass es stinkt. Sauberkeit ist für ihn das A und O. Einmal in der Woche wird seine Toilette gründlich gesäubert und mit neuem Streu befüllt. In der Regel reicht das aus, deshalb kommt es auch sehr selten vor, dass er sich in meiner Badewanne erleichtert. Schließlich hat die Wanne die gleiche Farbe und Form wie sein Klo, nur etwas größer. Er tut es auch, wenn ihm etwas ganz besonders missfallen hat. Deshalb bemühe ich mich stehts damit es keinen Anlass dafür gibt. Dass ich das nicht leiden kann, weiss er natürlich ganz genau. Deshalb hat er sich etwas neues einfallen lassen um ein frisches Klo zu bekommen. Er geht an den Platz hinter den Vorhang, wo der Sack mit Streu steht und jammert. Es hat schon ein bisschen gedauert, bis es mir wie Schuppen vor den Augen fiel, was das zu bedeuten hat. Wenn ich dann seiner Aufforderung nachgekommen bin, wird die gereinigte Toilette sofort benutzt.

Gutes Futter und Rückzugsmöglichkeiten

Ich weiß, Sir Charly wird von mir verwöhnt und ich brauch mich auch nicht zu wundern, dass er das voll und ganz auskostet. Aber er ist auch ein Sensibelchen, das eben besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Es hat lange gedauert, bis wir uns mit dem richtigen Futter einig geworden sind, und das er auch gut verträgt. Ihm muss das Essen nicht nur gut schmecken, sondern auch angenehm für ihn riechen. Manchmal flüchtet er vor Geräuschen, die für meine Ohren unhörbar sind, ins Bad auf die Waschmaschine. Auch wenn ich noch so genau hinhöre, erkenne ich die Furchtquelle nicht. Das Ohr einer Katze nimmt Schallwellen bis zu 65.000 Hz wahr, wobei wir Menschen nur bis zu 20.000 Hz hören können. Katzen leben deshalb in einer völlig anderen Geräuschwelt. Auf der Maschine, die im Mittelpunkt der Wohnung steht, fühlt er sich sicher. Inzwischen habe ich ihm ein Bettchen darauf platziert, wo er sich im Notfall zurückziehen und einkuscheln kann. Oft schläft er dort sogar stundenlang, oder träumt mit offenen Augen.

Genügend Liegeplätze und Streicheleinheiten

Für jede Jahreszeit oder jeden Anlass hat Charly einen besonderen Liegeplatz. Auf seinem Kratzbaum liegt er am liebsten. Da kann er alles gut überblicken und wenn ich am Esstisch sitze und schreibe, kann er mir über die Schulter schauen. Im Frühling, wenn die ersten Sonnenstrahlen morgens ins Schlafzimmer blitzen, versteckt er sich gerne in seinem geschlossenen Körbchen und blinzelt durch die Ritzen. Im Winter streckt er sich auf der Marmorplatte über der Heizung aus und hängt seine Nase über die warme Luft, oder er kuschelt sich in seine Katzenhöhle neben der Heizung. Beim Fernsehen leistet er mir Gesellschaft auf dem Sofa, oder auf der angrenzenden Truhe mit seiner Decke und seinem roten Kissen. Seiner Rasse wird nachgesagt, dass er kein Kuschelkater ist, der ständig auf- oder neben mir liegen muss und das stimmt auch. Deshalb freue ich mich immer sehr, wenn er meine Nähe sucht und richtig durchgeknuddelt werden möchte. Wenn ich im Bett mit der einen Hand mein Buch halte und die andere Hand meinen schnurrenden Kater krault, ist die Welt für mich jedenfalls in Ordnung.

Hier werden Sie geholfen

Hilferuf

„Was ist das für ein Geschrei?“, dachte ich mir als ich am Samstag in den frühen Morgenstunden von einem undefinierbaren Geplärr vor meinem Schlafzimmerfenster aufwachte. „Ein Baby?“, fragte ich mich schlaftrunken. „Nein, hört sich eher nach einer Katze an,“ dachte ich während ich wieder in den Schlaf zurücksank. Ein paar Stunden später, als ich mich dann aus meinem Bett geschält hatte und am Wohnzimmerfenster die Rollos hochzog, vernahm ich wieder dieses laute, sehr intensive Jammern. Nun war ich mir sicher, dass es sich um eine Katze handeln musste. Neugierig geworden, öffnete ich meine Terrassentür und sagte: „Ja, was ist denn da los? Wer schreit denn da so?“ Kaum hatte ich das ausgesprochen streckte auch schon eine schwarze Katze, die gerade versuchte, vom Nachbarn erhört zu werden, ihren Kopf durch die Hecke. Sie blickte mich mit weit aufgerissenen Augen an. Mein erster Gedanke gehörte dem Kater Damian, dem ich im Sommer geholfen hatte, seine Familie wieder zu finden. Aber ich erkannte schnell, dass er es nicht war. Ich hatte die Worte, „na wer bist denn du, wem gehörst du denn?“, noch nicht ganz ausgesprochen, rannte sie auch schon schnurstracks auf mich zu. In ihrem Gesicht glaubte ich zu lesen, dass sie sich über die Aufmerksamkeit, die ich ihr schenkte, riesig freute. Bei den geweiteten Pupillen hatte ich den Eindruck, als ob sie sagen würde: „Juchuu, endlich ein Mensch, der sich meinem Problem annimmt.“ Sie setzte sich vor mich hin und gab seltsame Laute von sich, so als ob sie versuchte, mit mir zu sprechen. Das hörte sich sehr lustig an. Ich beugte mich zu ihr und streichelte sie. Diese freundliche Geste meinerseits erwiderte sie mit Schmeicheleien um meine Beine. Bevor ich mir überlegen konnte, wie ich mit ihr vorgehen sollte, war sie auch schon in meinem Wohnzimmer und machte keine Anstalten wieder zu gehen. Sie fing an den Raum zu erkunden. Ich ließ sie gewähren, sorgte mich aber gleichzeitig um meinen Kater Charly. Schließlich wusste ich noch vom letzten Gast seiner Art, dass er darüber nicht sehr erfreut war.

Die Selbstbewusste

Charly lag auf seinem Kratzbaum und beobachtete mit erhobenem Kopf den schwarzen Pelz, wie er sein Revier durchstreifte. Ich streichelte meinen Kater, redete ihm gut zu und versuchte ihm die Anspannung zu nehmen. Diesen Stress wollte ich ihm eigentlich ersparen, aber die Schwarze war so lieb und tat mir leid. Draußen war es kalt und ich vermutete aufgrund ihres Geplärrs, dass sie Hunger hatte. Ihre Körpersprache zeigte nur zu deutlich, dass sie jemanden brauchte, der sich um sie kümmerte. Also ging ich in die Küche um eine Dose zu öffnen. Mit erhobenem Schwanz rannte sie mir nach und mit einem Satz war sie auch schon auf meiner Küchenablage und presste ihre Schnauze an das Blechgefäß. Gierig verschlang sie die Mahlzeit und verlangte Nachschlag. Als sie satt war, leckte sie sich genüsslich über die Schnauze und schaute mich dankbar an. Von dem Moment an verfolgte mich die kleine, zierliche Samtpfote wie ein Schatten auf Schritt und Tritt. Sie war sofort zutraulich und schmiegte sich auf dem Sofa an mich. Ständig suchte sie meine Körpernähe, wogegen Charly eher skeptisch alles von der Ferne beobachtete. Mir war schnell klar, dass dieses menschenbezogene Tier bestimmt schrecklich vermisst wurde. Selbstbewusst adoptierte sie mich und kennzeichnete mich als ihr Eigentum, während ich sie untersuchte und feststellte, dass sie ein Mädchen war und sich eine Zecke auf ihrem Kopf festgebissen hatte. Doch ich durfte ihr das Ungeziefer ohne Gegenwehr entfernen. Sie gab mir das Gefühl, als ob wir uns schon seit ewigen Zeiten kennen würden. Auch Charly zeigte Interesse, doch aufgrund seiner Faltohren war die Kleine sehr misstrauisch und hielt ihn mit ihrem Fauchen auf Distanz. Eingeschüchtert schlich er auf leisen Pfoten durch seine Wohnung immer mit einem Blick nach hinten gerichtet, ob er auch nicht verfolgt wurde. Er tat mir leid, aber irgendwie mussten wir dieses Wochenende zusammen überstehen, denn meine Tierärztin war erst wieder am Montag in der Praxis und ich hoffte inständig, dass die Kleine einen Chip implantiert hatte.

Der Unsichere

Mein Samstag war damit ausgefüllt das Verhalten der beiden Artgenossen zu beobachten und sie möglichst gerecht mit meiner Zuwendung zu beschenken. Das war nicht leicht, weil sich die Kleine ständig in den Vordergrund drängte und meine Aufmerksamkeit ganz für sich beanspruchen wollte. Auch beim Füttern musste ich darauf achten, dass sie möglichst weit getrennt voneinander ihr Mahl einnehmen konnten. Vor allem der unsichere Charly brauchte meine volle Unterstützung um ihm die Sicherheit zu geben, dass er während des Fressens auch ungestört bleibt. Bei den wenigen Begegnungen im engen Flur wurde ein bisschen geknurrt und gefaucht, was ich sofort durch meine Anwesenheit unterbinden konnte. Ansonsten wurde das Platzangebot mit Abstandsregelung eingehalten. Es ist bewundernswert wie es Tiere verstehen sich das Herz eines Menschen zu erobern. Vorausgesetzt natürlich der Mensch mag Tiere. Ich fing an das Kätzchen mit ihrem liebenswerten Charakter zu mögen, doch ich vermied es sie ganz darin einzuschließen, denn sie gehörte nicht zu mir und schon gar nicht zu Charly. Schließlich hätte er eine gehörige Portion Mitspracherecht, wenn es um einen neuen Mitbewohner/in in unserem Haushalt ginge. Trotzdem wollte ich sie irgendwie benennen und da viel mir ein, wie ich meine Joy immer nannte. Sie hatte den Kosenamen „Maus“ und so nannte ich jetzt auch meine Pflegekatze, wenn ich mit ihr sprach.

Neue Strukturen

Die erste Nacht teilte ich mein Bett mit der Maus und Charly hatte es vorgezogen im Wohnzimmer zu nächtigen. Das war nicht weiter schlimm, denn er schläft auch sonst nicht jede Nacht bei mir. Er schafft sich hin und wieder Abwechslung in Bezug auf bevorzugte Plätze. Am Sonntag verzichtete ich zugunsten des Hausfriedens auf meinen Waldspaziergang. Aber weil ich mir am Freitag eine Blase an die Ferse gelaufen hatte, viel mir die Entscheidung zu Hause zu bleiben leicht. Unser Tagesprogramm verlief ähnlich wie am Samstag mit dem Unterschied, dass allmählich das Zusammensein eine Struktur bekam. Die kluge Maus hatte schnell begriffen, was bei mir unerwünschtes Verhalten war und sie lernte sehr schnell. Charly musste ich immer wieder mit einbeziehen, damit er sich nicht zu sehr zurückzog. Die meisten Bedenken hatte ich Sonntagabend, weil ich am Montag zur Arbeit musste und die Beiden für drei Stunden am Vormittag alleine lassen. Die zweite Nacht war mein Bett auch wieder von einem schwarzen Pelz belegt. Am Morgen als ich aufbrach, hatte ich ein mulmiges Gefühl. Aber als ich sie so liegen sah, die Maus relaxt auf dem Sofa und Charly schnarchend auf dem Kratzbaum, ging ich ins Vertrauen, dass alles gut gehen wird. Beim Heimkommen lagen sie immer noch genauso da wie ich sie verlassen hatte.

Tierliebe – was ist richtig, was ist falsch

Leider bekam ich am Montag keinen Termin bei meiner Tierärztin und musste noch bis Dienstag warten. Meine Suche nach vermissten Katzen im Portal des Tierheims hatte auch nichts ergeben. Der dritte Tag war schon wesentlich entspannter. Die Maus kannte nach so kurzer Zeit bereits meinen Rhythmus und konnte schon ein bisschen meine Körpersprache lesen. Sie verfolgte mich auch nicht mehr auf Schritt und Tritt sondern war wesentlich ruhiger geworden. Am Nachmittag spielte sie das erste Mal mit Charlys Spielsachen und mein Kater sah ihr dabei zu. In dieser Nacht blieb sie auf dem Sofa und Charly nützte die Gelegenheit, wieder an meiner Seite im Bett seinen Bauch gekrault zu bekommen, während ich in meinem Buch las. Trotzdem spürte ich seine Verkrampftheit und bei jedem Geräusch zuckte er und schaute nach, ob die Maus in unsere Nähe kam. Am nächsten Vormittag konnte ich endlich die Kleine in die Transporttasche stecken und mit ihr zur Tierärztin. Ich war schon sehr gespannt und hoffte auf ein positives Ergebnis. Meine Mühe wurde prompt belohnt. Das Lesegerät zeigte einen Treffer und eine Chipnummer an. Ich war erleichtert. Dann ging alles ganz schnell. Die Besitzerin meldete sich und kurze Zeit darauf wurde die dreijährige Amara, die schon seit Anfang Dezember vermisst wurde, abgeholt. Die Freude war sehr groß und ich war ebenfalls glücklich über meine gute Tat. Doch die Tatsache, dass Amara bereits seit über sieben Wochen vermisst wurde, wirft bei mir Fragen auf, die für mich unverständlich sind. Amara muss von jemandem gefüttert worden sein, der es nicht in Betracht gezogen hatte, herauszufinden wo sie hingehört. So etwas kann ich einfach nicht nachvollziehen. Entweder ich füttere nicht, oder ich kümmere mich auch um die übrigen Umstände und Bedürfnisse des Tiers. Denn das ist für mich falsch verstandene Tierliebe. Wenn nun keine Zugehörigkeit von Amara festgestellt werden hätte können, hätte sie auch nicht bei mir dauerhaft bleiben können Charly hätte der Stress sicher seiner Gesundheit geschadet. Deshalb bin ich so froh und dankbar, dass sie gechipt war. Ich kann nur jedem/r Katzenbesitzer/in raten, dies zu tun. Sie in ein Tierheim zu geben, hätte ich sicher nicht über mein Herz gebracht und die Suche nach einem guten Platz hätte bestimmt noch viel Zeit in Anspruch genommen. Charly, kann ich nur sagen, ist sowas von erleichtert. Seine Anspannung ist direkt sichtlich von ihm abgefallen. Er bewegt sich nicht mehr auf Zehenspitzen und hat erst einmal stundenlang geschlafen.

Ich bin wirklich nicht darauf aus, jede Katze, die mich auf meiner Terrasse besucht zu füttern und hereinzulassen. Trotzdem hat mich mein Gefühl dieses Mal wieder nicht getäuscht, dass es sich um ein Tier handelte, das Hilfe brauchte. Irgendwie muss sich das in der Katzenwelt herumgesprochen haben, dass ich nicht wegschaue sondern zu- und hinhöre und solange Charly mitspielt werde ich immer helfen soweit meine Möglichkeiten reichen.

Eure Gisela mit Charly

Streit…

…kommt in den besten Familien vor

Charly und ich sind ja so etwas wie ganz dicke Freunde. In seinem letzten Tiergespräch mit einer Frau, die sich gerade in Tierkommunikation ausbilden lässt, bezeichnete er mich als seinen Kumpel. Darauf bin ich natürlich gewaltig stolz, denn wer ist nicht gerne mit seinem Tier eng verbandelt.

Hin und wieder kommt es aber vor, dass ich mich über das Fressverhalten meines Fellfreundes ärgere. Er hat die Angewohnheit nach Futter zu verlangen und es dann, wenn es aus irgendeinem Grund für ihn an diesem Tag nicht passt, verschmäht. Da Charly ein Problem mit seinem Verdauungstrakt hat, kann er nur bestimmtes, für ihn verträgliches Futter bekommen. Diese Nahrung ist nicht billig und es zehrt an mir, wenn ich es in den Müll schmeißen muss, nur weil dem Herrn gerade heute diese Sorte nicht zusagt. Und schon mal geöffnetes Futter, das bereits eine Weile steht und nicht mehr gut riecht, wird erst recht nicht mehr angerührt. Vielleicht bin ich auch selbst Schuld und habe ihn verzogen. In der Zeit, als während seiner Therapie nach passendem Futter gesucht wurde, habe ich ihm sehr oft nachgegeben und aus dieser Gewohnheit wurde nun eine Tugend.

Deshalb war ich so froh, als ich endlich Hersteller und Sorten gefunden hatte, die er verträgt und ihm auch behagen, so dass er seine Portionen meist ganz aufisst. Nun bin ich momentan in Kurzarbeit und verbringe sehr viel Zeit zu Hause und mit ihm. Meine ständige Anwesenheit verleitet ihn dazu, seine Rationen dann zu fordern, wenn ihm danach ist und nicht dann, wenn ich von der Arbeit heimkomme. Darauf habe ich mich ihm zuliebe eingelassen. Das klappte auch die letzten Wochen ganz gut bis ihm plötzlich gestern eingefallen war, dass ihm eine seiner Lieblingssorten plötzlich nicht mehr schmeckt. Vielleicht hätte er nicht Rind gewollt, sondern das Rind mit Lamm. Als ich ihm seinen Napf vorsetzte, verhielt er sich jedenfalls so, wie wenn ein Baby zum Spinatessen gezwungen wird. Er hockte sich vor seinen vollen Napf und versuchte durch Hypnose die Fleischsorte zu ändern.

„Wenn du wirklich Hunger hast, dann frisst du das auch!“, bemerkte ich beiläufig.

Doch darauf wollte er sich nicht einlassen, stand auf und beschwerte sich lauthals über das falsch gelieferte Menü, das er nicht bestellt hatte.

Das machte mich wütend: „Glaubst du vielleicht ich habe einen Geldscheißer, dass ich das teure Futter einfach so in den Müll werfen kann?“, und hob ihm die Schüssel unter seine Nase, die er mit seiner Stirn wegköpfte. „Dann eben nicht. Wenn du das nicht magst, hast du auch keinen Hunger.“ Mit diesen Worten nahm ich den Napf, deckte ihn luftdicht zu und stellte ihn in der Hoffnung, dass ich es ihm später nochmal anbieten kann, beiseite.

Doch Charly gab noch nicht auf, schließlich sind seine Beschwerden doch früher auch immer entgegengenommen worden.

„Dieses Mal nicht mein Freund“, grummelte es in mir. Sein Gejaule ging mir auf die Nerven und ich schubste ihn aus der Küche. „Verschwinde!“, befahl ich ihm.

Ungläubig drehte er um und brachte seine Klage nochmal vor. „Hau ab und nerv mich nicht!“, schubste ich ihn zum Zweiten mal hinaus. „Du bekommst erst etwas anderes, wenn du das aufgegessen hast“, rief ich ihm noch nach. Sichtlich gekränkt lief er ins Wohnzimmer und kringelte sich auf seinem Kratzbaum beleidigt ein.

Hungerstreik

Seit diesem Vorfall am Nachmittag kam er nicht mehr von seinem Schmollplatz herunter. Auch am Abend zur normalen Fütterungszeit bewegte er sich keinen Millimeter. Obwohl ich mir schon wieder Sorgen um seine Gesundheit machte, blieb ich hart. Ab und zu trafen sich unsere Blicke, doch wir blieben beide stumm. Als ich ins Bett ging, stellte ich ihm vorher noch sein verschmähtes Futter auf seinen Platz. Ich hörte ihn die ganze Nacht nicht und er legte sich auch nicht zu mir ans Fußende so wie er es die letzten Tage gerne gemacht hatte. Sein Streik zeigte indem bei mir Wirkung, dass ich einen unruhigen Schlaf hatte.

Es tut mir leid

Zum Frühstück wurde ich von ihm schon sehr zeitig geweckt. Als ich in die Küche ging, sah ich, dass er seinen Napf um mehr als die Hälfte geleert hatte. Er muss sich nachts, während ich geschlafen habe, in die Küche geschlichen haben. Das entlockte mir ein Schmunzeln und ich dachte: „Na also geht doch.“ Zur Belohnung reichte ich ihm eine große Portion frisches Futter, über das er sich sofort schmatzend hermachte. Weit gefehlt, als ich dachte alles wäre nun wieder gut. Nach dem Essen rollte er sich wieder wie eine beleidigte Leberwurst auf seinem Kratzbaum zusammen. Als ich mich dann etwas später zum Frühstück ins Wohnzimmer setzte, würdigte er mich keines Blickes. Jetzt tat es mir leid, dass ich ihn gestern so schroff behandelt hatte und ich versuchte seine Aufmerksamkeit zurückzugewinnen. Doch die Küsschen auf sein Haupt erwiderte er nicht wie gewohnt mit wohligem Schnurren, sondern nur mit einem kurz angebundenen „Mau.“

Erst als ich die Terrassentür öffnete, weckte ich sein Interesse und er kletterte herab. Die von mir angebotenen Leckerlies nahm er gnädig entgegen. Als ich mich selbst so beobachtete, kam mir der Spiegel in den Sinn, den wir von anderen Menschen und auch von unseren Tieren vorgehalten bekommen. „Ich kann mit Disharmonie ganz schlecht umgehen! Überhaupt wenn ich jemanden sehr gerne hab“, schoss es mir wie ein Blitz durch den Sinn. Eine bessere Botschaft hätte ich auch nicht durch eine Kommunikation mit Charly erhalten können und ich nahm mir vor, ihm bei unserem nächsten Gespräch zu erklären warum ich so wütend auf ihn war. In der telepathischen Welt werden solche Gespräche sehr gut verstanden. Ich bezweifle jedoch, dass Tiere verstehen was Geld für uns Menschen bedeutet. Vielleicht begreift er es trotzdem, wenn ich es ihm mit Verschwendung erkläre und er kann sein Verhalten dadurch ändern. Doch es muss immer berücksichtigt werden, dass sich ein Tier nach seinem Instinkt richtet und sich so verhält wie es angeboren und anerzogen wurde.

Bis jetzt hat er jedenfalls ohne Beanstandung schon drei Portionen verschlungen und er äußert wie gewohnt seine Wünsche. Alles ist wieder gut.

Eure Gisela mit Charly