Wie geht es Charly?
Der letzte Tierarztbesuch liegt schon eine ganze Weile zurück. Seit Oktober 2022 hat Charly keine Blasenentzündung mehr gehabt. Ich schreibe es dem natürlichen Antibiotika Kolloidales Silber zu, das er immer noch fast täglich von mir verabreicht bekommt. Die geschmacklose Flüssigkeit lässt er sich widerstandslos in sein Mäulchen spitzen. Zur Eingabe begibt er sich freiwillig in die richtige Position um es sich von mir abzuholen. Es ist zur Routine geworden.

Trotzdem schweben seine organischen Fehlbildungen wie ein Damoklesschwert über uns. Am Sonntagabend mörsere ich seine Tabletten für die ganze Woche, die er pulverisiert morgens und abends in sein Futter bekommt. Zuerst gebe ich ihm nur eine kleine Menge seines Nassfutters und wenn er das mit der Medizin aufgegessen hat, schlage ich den Rest nach. In den Morgenstunden, wenn er sein Frühstück möchte, bin ich dann froh, dass ich schon alles vorbereitet habe. Wenn ich mir vorstelle ich muss dieses Prozedere, was für uns zum Alltag gehört, einer anderen Person anvertrauen, verzichte ich lieber auf Urlaub und Kurzreisen. Früher war das mal anders, doch jetzt kann ich ihn nicht mehr zu lange alleine lassen. Wenn es mal passiert, dass ich länger als gewohnt außer Haus bin, sehe ich in seinem Blick, wie groß seine Angst war und ich entschuldige mich bei ihm. Für Menschen, die kein Tier haben klingt das sicher doof, aber Tierbesitzer können bestimmt nachvollziehen was ich meine. Tiere sprechen mit ihren Augen und ihrem Körper. Katzen haben außerdem die besondere Gabe der Manipulation.
Charly ist erwachsen geworden
Wir leben jetzt nun sechs Jahre und vier Monate zusammen. Im Mai jährt es sich das zweite Mal, als mir in der Tierarztpraxis mitgeteilt wurde, dass Charly nicht mehr lange leben würde. Aber ich durfte erleben wie aus dem tollpatschigen Jungen ein stattlicher Kater geworden ist. Seit einiger Zeit stelle ich fest, dass er sich verändert hat. Er ist bestimmter und selbstbewusster mit seinen Anliegen geworden, aber auch verständiger und manchmal kommt es mir so vor, als ob wir uns auf Augenhöhe begegnen würden. Er hört mir zu, wenn ich mit ihm spreche und er antwortet mit seinen Lauten oder Gesten. Ich habe versucht durch die Tierkommunikation ihn zu verstehen und jetzt zeigt er mir, dass er mich versucht zu verstehen. Manchmal überrascht er mich, dass er es so gut beherrscht.
Wenn mich jemand besucht, kommt er um sich den Gast anzusehen. Wenn er jemanden mag, zeigt er das auf seine Art. Von Mau-Lauten bis Blinzelattacken wird dem Besucher alles geboten. Auch die Schuhe werden beim Ablegen genauestens inspiziert und wenn er den Geruch besonders gerne mag verschwindet sein ganzer Kopf im Schuh. Im Großen und Ganzen mag er alle Menschen, schließlich hat er noch nie ein schlechtes Erlebnis mit dieser Spezies gehabt. Sogar dem Installateur der neulich unsere Toilette ausgetauscht hat, lugte er neugierig in die Werkzeugtasche. Komischerweise hat er etwas gegen Paketboten und ich dachte, dass nur Hunde diesen Beruf nicht mögen.
Seit ein paar Monaten besucht ein Artgenosse von Zeit zu Zeit Charly. Er ist ein beiger British Kurzhaar und wie ich vermute ein Kater. Von meinem Nachbarn, auf dessen Terrasse er sich ebenfalls tummelt, ist er schon mit Charly verwechselt worden. Wenn der Beige merkt, dass ich zu Hause bin, setzt er sich vor die Terrassentür bis ich öffne und ihn hereinlasse. Ein kurzes „Hallo“ an meinen Beinen muss mir jedoch genügen. Möchte ich ihm über sein schönes, flauschiges Fell streicheln werde ich sofort mit einem Knurren gemaßregelt, das mir zu verstehen geben soll: „Komm mir ja nicht zu nahe!“ Deshalb ist es mir leider nicht möglich sein Geschlecht genau zu bestimmen. Ich schätze er ist noch sehr jung. Charly darf ihm auch nicht zu nahetreten, dann wird auch geknurrt. Obwohl er sehr selbstbewusst und entspannt wirkt, ist es nach meinem Gefühl eher ein ängstliches als ein aggressives Knurren. Wenn ich „ssssst“ sage, hört er auch sofort damit auf. Charly behandelt ihn anders als andere Katzen, die gelegentlich neben unserer Terrasse auftauchen. Wenn die Gescheckte bei uns vorbeikommt, läuft er in geduckter Haltung schnurstracks nach drinnen. Den beigen BKH jedoch würde er gerne mit seiner Nase berühren, respektiert jedoch dessen Ablehnung. Ich denke das liegt daran, weil Charly der ältere und gediegenere ist. Auf jeden Fall gefällt ihm sein Besuch außerordentlich gut und mir tut es leid, dass ich aufgrund seiner Diagnose und meines schmalen Budgets uns beiden keine Vergesellschaftung mehr zugemutet habe. Ich dachte immer, Charly würde sich nicht mehr mit einer anderen Katze verstehen. Da habe ich mich wohl geirrt.

Der nächste Tierarztbesuch
Bei Charlys Krankheit ist ein Gesundheitscheck mindestens einmal im Jahr leider unumgänglich. Am liebsten würde ich, solange es ihm gut geht keinen Tierarzt mehr aufsuchen. Doch noch in diesem Jahr werde ich ohne eine Ultraschalluntersuchung des Herzens keine Medikamente, die sein Leben verlängern, mehr bekommen. Diese Untersuchung ist der blanke Horror für Charly und auch für mich. Er wehrt sich und schreit aus Leibeskräften. Es werden drei Helferinnen benötigt um ihn auf dem Tisch festzuhalten. Nicht nur, dass meine Nerven dann blank liegen, die Tierarztrechnung im Anschluss wird hoffentlich bei mir keinen Herzinfarkt auslösen. Aber irgendwie müssen wir da beide durch und wir werden das auch noch schaffen. Auf dem Ultraschallbild kann man sehen, ob sich in Charlys Körper Blutgerinnsel gebildet haben. Falls das im hinteren Teil des Körpers passiert ist, kann das in den Beinen zu sehr schmerzhaften Lähmungserscheinungen führen.
Charly schläft sehr viel, aber sonst scheint es ihm gut zu gehen. Natürlich kann man das bei Katzen nie so genau sagen, denn sie verbergen Unwohlsein. Das schützt sie in der freien Natur vor Feinden. Sein Futter isst er jedenfalls mit Appetit und seine Atemfrequenz ist auch unbedenklich. Trotzdem bin ich immer sehr schnell besorgt, wenn er mal einen nicht so guten Tag hat.
Dabei haben wir alle schlechte Tage, ob Mensch oder Tier, auf den dann immer wieder ein guter folgt.

Eure Ela