Todgesagte leben länger

Irgendwann bleibt es einem Tierbesitzer nicht erspart, sich mit dem Sterbeprozess seines geliebten Fellfreundes auseinanderzusetzen. Mein Kater Charly ist sehr krank und vor über einem Jahr wurde mir von der Kardiologin aus der Tierarztpraxis prophezeit, dass er nicht mehr lange lebt. Seitdem reagiere ich auf jedes Unwohlbefinden von Charly sehr sensibel. Doch mir ist klar geworden, dass es weder ihm noch mir hilft, wenn ich traurig bin und mir Sorgen mache.

Schulmedizin

Ich berichtete bereits über Charlys schwer geschädigten inneren Organe aufgrund seiner Rasse. Zu all dem leidet er seit sieben Monaten an einer immer wiederkehrenden Blasenentzündung, ausgelöst durch Bakterien, die einfach nicht in den Griff zu bekommen ist. Daran wird er nicht sterben, außer man lässt es nicht behandeln, aber diese Krankheit bereitet ihm sehr starke Schmerzen. Da die Symptome, sobald das Antibiotika abgesetzt wird, nach 2-3 Tagen sofort wieder auftreten, stellt sich die Frage nach der Ursache. Das Beste für die Medizinerin wäre es, wenn die Ursache stressbedingt wäre, dann könnte man die Ursachenbekämpfung dem Tierhalter überlassen. Aber wer Charly kennt, weis, dass er zufrieden und ausgeglichen ist und in einem sehr ruhigen Umfeld lebt. Ich selbst möchte mich fast als Helikopterkatzenmama bezeichnen, die bei jedem Mucks reagiert. Erst recht seit ich weis, wie schwer krank er ist. Doch mir wird gerade beigebracht, dass ich das ablegen muss. Die Auswertungen des Labors zeigen jedes Mal, dass die Blasenentzündung bakteriell bedingt ist. Da wird es schon schwieriger herauszufinden warum Charlys Abwehrkräfte gegen die eigenen natürlichen Bakterien (Coli) versagen. Die Frage ob Charlys Immunsystem nicht mehr richtig funktioniert, kann mir die Ärztin auch nicht beantworten. Alles was sie Charly verordnen kann ist ein entzündungshemmendes Schmerzmittel und Antibiotika. Nicht das ein falscher Eindruck entsteht: Ich bin mit der Praxis, die ich für Charly gewählt habe bestens zufrieden. Sie nehmen sich ausreichend Zeit und behandeln Charly sehr gut. Doch manchmal reicht Schulmedizin vielleicht doch nicht für alles aus?

Gewissensfrage

Ich war dermaßen frustriert, als er nach der zweiten Sorte Antibiotika, die ich ihm wochenlang verabreicht hatte, einen Rückfall erlitt. Es schien mir sogar so, als ob mehr Blut im Urin war und die Schmerzen stärker waren, als vor der ersten Behandlung. Morgens um dreivierteldrei verabreichte ich ihm die erste Dosis Schmerzmittel und es dauerte zweieinhalb Stunden, bis es endlich wirkte. Zum Glück hatte ich Urlaub und konnte mir so die halbe Nacht um die Ohren schlagen und auf ihn aufpassen, bis die Schmerzen nachließen und er wieder normal auf seine Katzentoilette ging. Natürlich vereinbarte ich gleich wieder einen Termin mit der Praxis. Doch weil seine Tierärztin auch im Urlaub war, musste er ein paar Tage auf seine Untersuchung warten. Fünf Tage die Hölle. Es schien so, als ob Charly sich dieses Mal nicht erholen wollte. Er verkroch sich unter meinem Bett, lag apathisch in der Küche oder auf seinem Waschmaschinenplatz. Die einzigen Aktivitäten waren zur Katzentoilette und zum Futternapf. Doch er fraß, zwar nur kleine Portionen, aber dafür mehrmals am Tag. Er tat mir unendlich leid und es drängte sich mir die Frage auf, wie lange ich ihm das noch antun wollte. Doch litt ich mehr als er? Mein Gewissen rebellierte: „Bist du so traurig, weil es dir tatsächlich um sein Leid geht, oder handelt es sich um dein Selbstmitleid?“ Im Nachhinein bin ich froh, dass ich diese fünf Tage Zeit hatte. Diese Zeit brauchte ich um einer inneren Stimme zu folgen.

Alternativen

Die Antwort auf diese Frage, konnte mir nur Charly geben. Ich weis wie man mit Tieren kommuniziert, doch ich bin ungeübt und bei den eigenen Tieren ist so ein Gespräch immer schwierig. Vor allem hatte ich Angst davor mit ihm über den Tod zu sprechen, der In unserer Gesellschaft immer noch ein Tabuthema ist. Deshalb fragte ich Barbara Echtler, Autorin des Buches Seelengezwitscher, die mir schon vor drei Jahren bei Joy geholfen hatte, ob sie zu ihm Kontakt aufnehmen könnte. Sie tat es und was ihr mein Bub erzählte, befreite mich von meinen Sorgen, die ich mir aufgrund seines Zustandes machte. Entscheidungen die ich glaubte treffen zu müssen, wurden mir abgenommen. Während sie mir das Gespräch schilderte hatte ich ein paar Mal Gänsehaut und ich konnte von dem Gedanken loslassen, dass ich der „Nabel der Welt“ bin und Gott spielen müsste. Denn ich werde nicht entscheiden wann Charly von mir geht, sondern er selbst und er meinte im Gespräch, dass er mich das dann wissen lassen würde. Ob er dann zu Hause einschlafen wird, oder ob ich ihm dann helfe ihn zu erlösen, wird sich ergeben. Ich bin so stolz auf meinen Kater, dass er alles so hinnimmt wie es ist und mir so vertraut. Frau Echtler hat mit mir so offen darüber gesprochen, wie es ist, wenn eine Katze über die Regenbogenbrücke geht. Auch wie es bei Charly aufgrund seines Krankheitsbildes sein könnte. Ich bin nun gut informiert und vorbereitet. Ich habe keine Angst mehr ihn bis zu seinem Ende zu begleiten.

Gestärkt durch Tierkommunikation

Am gleichen Tag als mir Frau Echtler das Gespräch mit Charly schilderte, hatte ich auch den Tierarzttermin. Ich ging sehr entspannt in die Sprechstunde. Charly ging es aufgrund des Entzündungshemmers besser. Das Gespräch mit der Medizinerin verlief wie die vorigen. Sie gab mir eine dritte Sorte Antibiotika mit der Hoffnung mit, dass dieses endlich dauerhaft hilft. Doch ich erinnerte mich an das was Frau Echtler gesagt hatte: „Charly wird dir sagen, ob es das richtige ist. Wenn er es partout nicht nehmen möchte. Dränge es ihm nicht auf!“ Ich ging also ganz entspannt nach Hause und überlies ihm die Entscheidung. Gegen die letzte Antibiotikasorte hatte sich Charly nicht sonderlich gewehrt. Er fand es nicht gut, aber er hat es sich gefallen lassen. Dieses Mal sah er mich mit weit aufgerissenen Augen an und weigerte sich strikt gegen die Einnahme. Ob als Tablette in den Mund oder zermahlen, er hasste es und ich befolgte den Rat.

Trotzdem musste ich etwas finden was ihm helfen könnte. Es musste etwas Natürliches sein. Etwas das seine Immunkräfte stärkt und die Bakterien abtötet und mir fiel etwas ein, dass ich Charly gab als er noch klein war und aus unerfindlichen Gründen ständig Herpes am Maul hatte. Damals hatte es ihm geholfen. Dieses Naturheilmittel kann man problemlos bestellen. Es ist allerdings als Arzneimittel nicht zugelassen. Da wir aber nichts zu verlieren haben, und es nicht schädlich ist, teste ich es. Gestern habe ich es ihm das Erste Mal verabreicht und er nimmt es ohne Abwehr an. Ich hoffe, dass er dann wenigstens von der Blasenentzündung erlöst wird. Heute geht es ihm jedenfalls gut. Er liegt bei mir und hört mir beim Tippen des Beitrags zu. Bei der Tierkommunikation hat er gesagt, dass er noch eine Weile hierbleiben wird. Ob es Wochen oder Monate sind, dazu hat er sich nicht geäußert. Ich habe jedenfalls von ihm einiges gelernt. Loslassen und Dinge, die man nicht ändern kann so hinnehmen, wie sie sind.

Eure Ela

Tiergesichter

Früher, als ich noch einen Hund hatte, dachte ich, ich könnte nur deren Mimik lesen und verstehen. Dabei muss ich mir heute eingestehen, dass ich diesem Ausdrucksspiel viel zu oft menschliche Eigenschaften hineininterpretiert habe. Ein Tier kennt keinen Neid oder ist auch nicht beleidigt. Es ist weder arrogant noch tolerant. Für ein Tier gilt das Gesetz des Überlebens. Es ist hungrig, durstig oder paarungsbereit. Trotzdem fühlt ein Tier ähnlich wie ein Mensch. Es kann glücklich und zufrieden sein oder ängstlich und traurig. Ich möchte sogar behaupten, dass ein Tier lieben und auch hassen kann. Wobei dieses auch wieder daraus resultiert was das Tier für Erlebnisse mit Menschen hat oder hatte.

Heute begegnete ich einer Frau auf dem Rad, ihr Hund rannte vorneweg. Sie kam aus einem Waldweg und ihr Vierbeiner sollte, bevor sie auf die breitere Straße einbog, auf sie warten. Sie rief ihn, aber er blieb nicht sofort stehen, also rief sie lauter und dann noch lauter. Dann sagte sie: „Das ich immer so laut schreien muss!“

Nein, muss sie nicht! Schreien ist eher kontraproduktiv und hat denselben Effekt, wie wenn man einen Menschen anbrüllt. Sie müsste lernen seine Mimik und Gestik zu lesen. Das Gesicht dieses Hundes hat mir verraten, dass er nur als erster an der Straße sein wollte, um auf sein Frauchen aufzupassen. Dass das eigentlich ihr Job ist, auf ihn aufzupassen, hat er ihr wohl nicht ganz zugetraut und ihr erregtes Schreien, hat ihn in seiner Tat eher bestärkt.

Katzen haben viele Gesichter

Das es aber auch sehr spannend sein kann, das Gesicht einer Katze zu lesen, haben mir meine eigenen Stubentiger beigebracht. Mein Kater Charly verfügt über mehrere Ausdrucksformen, über die ich mich teileweise köstlich amüsieren kann. Er kann mich aber auch verwirren, indem er sich vor mich hinsetzt, mich mit großen Augen und einem gekonnt auffordernden Blick anschaut und sich mir dabei sofort die Frage aufdrängt, was er denn jetzt von mir möchte. Seine Wünsche sind banal. Sie bedeuten spiel mit mir, kraul mich oder ich bin hungrig. Trotzdem muss ich das Richtige tun, um ihn zufrieden zu stellen. Sein Gesichtsausdruck erreicht jedenfalls immer sein Ziel. Nämlich mich mit seinen Bedürfnissen zu beschäftigen.

Ist die Katze zufrieden, freut sich der Mensch

Ist sein Anliegen erfüllt setzt er seinen zufriedenen Blick auf. Meistens liegt er dabei auf dem Rücken oder auf der Seite, kneift die Augen zusammen und ist absolut tiefenentspannt. Seine Mundwinkel sind nach oben gezogen und es scheint als ob sein Gesichtchen lächeln würde. Bei längerem Betrachten, überträgt sich diese Zufriedenheit auch auf mich.

Charly kann mit offenen Augen träumen. Sein gläserner Blick verrät mir dann, dass er nicht anwesend ist. Ich gewinne dann den Eindruck, als würde er durch alle Materie hindurchschauen und etwas sehen können, was meinen Augen verborgen bleibt.

Können Katzen nachdenken?

Manchmal sieht es jedenfalls bei ihm so aus. Denn wehe, wenn ich in der Wohnung etwas umgestellt habe, oder es ist irgend etwas anders als sonst, dann bekommt er den studierenden Blick. Er schiebt seine Augenbrauen nach vorne und es entsteht eine Denkerstirn. Über diesen Ausdruck könnte ich mich jedes Mal köstlich amüsieren, weil er mich dann an Theo Weigl erinnert.

Wahre Zuneigung

Am schönsten ist es, wenn ich ihn dabei ertappe wie er versucht in meinem Gesicht zu lesen. Manchmal sitzt er neben mir und wenn ich nach ihm sehe, erwische ich ihn, wie er mich von der Seite visitiert. Unsere Blicke, die sich dann treffen sind so allessagend und sie berühren mich in meinem Herzen. Ich versuche ihm zurückzusenden, was ich in diesem Moment empfinde. Dieser Augenblick sagt mehr als tausend Worte.

Wenn es Charly nicht so gut geht, verbirgt er sein Gesicht indem er sich verkriecht oder mir den Rücken zuwendet. Ich denke es gehört zu seiner Art dies nicht sofort zu zeigen.

Ich könnte ihm jedenfalls stundenlang in sein ausdrucksstarkes Gesicht sehen.

Eure Ela