Sich selbst vertrauen
Haben wir nicht alle ein Problem damit blind zu vertrauen? Ein Baby hat keine Wahl, denn es ist für das kleine Kind notwendig um zu überleben, seinen Eltern dieses Vertrauen zu schenken. Mit der beginnenden Selbständigkeit und den Enttäuschungen, die man im Laufe des Lebens erfahren muss, schwindet dieses Zutrauen. Das Misstrauen beginnt, je nach Schwere und Häufigkeit der Verletzungen, zu wachsen. Manchmal geht es so weit, dass man nicht einmal mehr sich selbst vertraut oder etwas zutraut.

Vertrauen gewinnen
In diesem Punkt sind uns die Tiere sehr ähnlich, denn ich bin fest überzeugt, dass sie genauso fühlen wie wir Menschen. Im Augenblick habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meiner Terrassenkatze zu beweisen, dass ich ein vertrauenswürdiger Mensch bin. Ich weiß nicht was und wie viel Blacky in ihrem Leben schon an Erfahrungen gesammelt hat, aber es müssen keine guten gewesen sein. Es kann aber auch sein, dass sie sich so scheu verhält, weil sie Menschen nicht gewöhnt und sehr selbständig ist. Vielleicht braucht sie mich nicht, denn sie ist bis jetzt auch sehr gut ohne mich zurechtgekommen. Trotzdem kommt sie zu mir. Jeden Morgen, wenn ich das Rollo hochziehe liegt sie in ihrem Bettchen, das ich gegen meine Polster ausgetauscht habe oder trottet irgendwann am Vormittag müde zu ihrem Schlafplatz.

Vertrautes
Charly hat keine Angst mehr vor ihr. Auf der Terrasse wird sie geduldet und er schaut jetzt schon aus dem Fenster, ob sie da ist. Solange er in der Wohnung ist, stört sie ihn nicht, doch wenn der Hausherr das Terrassenrevier betritt, kennt er keine Gnade. Zuerst versucht er es mit einem stur auf sie gerichteten Blick sie zum Gehen zu bewegen. Wenn das nichts nützt, plustert er sich wie ein Staubwedel auf und streift langsam auf sie zu. Liegt sie in ihrem Bettchen, lässt sie sich nicht vertreiben. Dann kann es schon sein, dass ein leises Fauchen zu hören ist. Wenn ich das Gefühl habe es könnte brenzlig werden, schlichte ich die Situation. Begegnen sie sich auf offenem Terrain, ist Blacky die Klügere und gibt nach. Ihr Revier ist sicherlich sehr groß und ich denke, dass sie wegen ein paar Quadratmeter keinen Streit vom Zaun brechen möchte. Doch für Charly ist diese kleine Welt alles was er hat.
Gewachsenes Vertrauen
Mein Katerle war 12 Wochen alt, als ich ihn zu mir und Joy nach Hause geholt hatte. Als wir dann seit März 2019 zu zweit waren, hatte er nur noch mich. Ich bin die Frau, die für sein Wohlergehen sorgt und zu der er mit all seinen Problemen kommen kann, auch wenn ich ihn nicht immer gleich verstehe. Sein übergroßes Vertrauen beweist er mir damit, dass er sich von mir Dinge gefallen lässt, die er sonst bei niemandem anderen dulden würde. Das beginnt mit der Medikamenteneingabe und Fellpflege und endet damit ihn auf den Arm zu nehmen und zu tragen, was er wie die Pest hasst. Neben mir auf dem Sofa ist er total entspannt, träumt und schreckt nicht hoch, wenn ich mich plötzlich rasch bewege. Wenn uns jemand besucht, ist er immer total erledigt und braucht, wenn der Gast gegangen ist, sofort einen Erholungsschlaf. Dieses Vertrauen ist nicht einfach so da, das muss man sich schon verdienen.

Vertrauen gewinnen
Am Anfang, als Blacky bei uns auftauchte, wusste ich nicht wie ich mich verhalten sollte. Was ist richtig und was falsch. Auf jeden Fall war es „falsch“, dass ich ihr Futter gegeben habe. „Dann bleibt sie da und du wirst sie nicht mehr los!“, sagte man mir und wahrscheinlich hatten sie recht, die das sagten. Ist sie nur eine Freigängerin, die zu jemanden gehört? Ist sie eine Streunerin, die Hilfe braucht? Ist sie eine Verirrte, die nicht mehr nach Hause findet? Fragen über Fragen, die mich lange beschäftigten und immer noch nach Antworten suchen. Irgendwann habe ich mich für die zweite Variante entschieden und seitdem bekommt sie jeden Tag ihr Schüsselchen Wasser und Futter hingestellt. Ab und zu verwöhne ich sie mit einem Leckerchen. Nun ist es so, dass ich mich hiermit in eine Verantwortung begeben habe. Dieser möchte ich mich auch stellen. Deshalb habe ich mir einen Plan zurechtgelegt. Vertrauen gewinnen, Angst nehmen, in eine Tasche packen und zum Tierarzt bringen. Da würden dann zumindest die Fragen geklärt werden, ob sie gekennzeichnet ist, ein Männchen oder ein Weibchen ist, ob sie Läuse hat, gesund ist, ob sie kastriert oder – ich will es nicht hoffen – trächtig ist. Bis dahin wird aber noch eine geraume Zeit vergehen. Natürlich könnte ich die Zeit verkürzen, indem ich mir vom Tierheim eine Lebendfalle besorge und sie einfange. Doch das Vertrauen, das ich schon ein bisschen aufbauen konnte, würde verpuffen wie eine chemische Reaktion. Außerdem möchte ich sie nicht ins Tierheim stecken und ihr die Freiheit entziehen.

Zaghafte Vertrauensbeweise
Wenn ich daran denke, wie sie sich am Anfang unserer Bekanntschaft verhalten hatte, sehe ich bereits Fortschritte. Sie ist sofort weggesprungen, wenn sie mich gesehen hatte und fauchte, wenn ich ihr zu Nahe gekommen war. Heute bleibt sie in ihrem Bettchen liegen, wenn ich auf die Terrasse gehe um meinen Sonnenschirm auf- oder zuzumachen. Sie kommt bereits auf mich zu, wenn ich ihr Schüsselchen in der Hand halte und sie frisst mir die Leckerlis aus der Hand. Heute bin ich noch einen Schritt weiter gegangen und habe mich sehr gefreut, dass sie meine Körpersprache verstanden hat. Ich habe mich bäuchlings – zum Glück ist mir egal was der Nachbar denkt – vor ihr auf den Terrassenboden gelegt. Die Überraschung, dass ich mich auf ihre Augenhöhe begab, war ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. Sie kam sofort zu mir her, legte sich vor mich hin und ließ sich am Ohr kraulen. Dann spielte sie noch mit meinem Finger ohne dass sich ihre Krallen tief in mein Fleisch bohrten. Heute hatte sie nicht einmal Angst vor meinem Smartphone und ich durfte ein paar Fotos aus naher Distanz knipsen.

Vertrauen schenken lernen
Früher dachte ich immer das Tier ist dem Menschen untertan. Seit ich mich eingehend mit der mentalen Kommunikation mit Tieren beschäftige, wurde ich eines anderen belehrt. Ich lese gerade ein Buch von Amelia Kinkade „Tierisch gute Gespräche“ und über ihre Erfahrungsberichte staune ich. Ich weiss nicht ob ich einmal annähernd so überzeugt und begeisterungsfähig sein kann wie sie, denn es bedarf große Ausdauer und Arbeit. Tierkommunikation verträgt auch keine Halbherzigkeit. Entweder ist man voll dabei oder es funktioniert nicht. Doch auch wenn ich nicht so viel Zeit investieren möchte, habe ich schon eine Menge gelernt. Die wichtigste Erkenntnis für mich ist, dass jedes Tier, ob Elefant oder Ameise, ein wunderbares Geschöpf ist und das gleiche Recht hat wie der Mensch gesehen und gehört zu werden. Bei einer effektvollen Tierkommunikation trifft sich Mensch und Tier auf Augenhöhe. Dabei wird nichts gefordert und es wird auch nicht versucht etwas zu erzwingen oder das Tier zu manipulieren. Die Wünsche des Tieres werden respektiert. Bei der telepathischen Kommunikation wird miteinander gesprochen, als würde man mit einem guten Freund telefonieren. Niemand soll sich deshalb genieren, wenn er verbal mit seinem Tier spricht, als wäre es ein Mensch. Sie verstehen uns sehr gut.
Ich wünsche Euch ein wunderschönes Wochenende mit vertrauten Tieren und Menschen.
Eure Gisela mit Charly und Pflegekatze Blacky
